Energiepionier-Gemeinde im Schwäbisch-Fränkischen Wald


Energiepionier-Gemeinde im Schwäbisch-Fränkischen Wald


Thomas Löffelhardt ist Projektleiter der Gemeinde Wüstenrot in Envisage-Wüstenrot, Technischer Leiter im Fachbereich V² "Planen und Bauen" sowie Energiebeauftragter der Gemeinde Wüstenrot. Im Interview spricht er über die Pionierleistung und die Visionen der Gemeinde Wüstenrot beim Thema „Erneuerbare Energien“.



Welche Rolle spielt das Thema Erneuerbare Energien für die Gemeinde Wüstenrot?


Löffelhardt: Das Thema "Erneuerbare Energien" spielt in Wüstenrot eine sehr gewichtige Rolle. Bereits 2007 hatte Kommune im Landkreis Heilbronn beschlossen, bis 2020 energieautark bzw. langfristig zur Plusenergiegemeinde zu werden. Das heißt, die Kommune will ihren gesamten Energiebedarf aus erneuerbaren Energieträgern wie Biogas, Erdwärme, Wärmepumpen, Photovoltaik und Solarthermie auf der Gemeindefläche von 3000 Hektar selbst erzeugen und künftig Überschüsse an der Strombörse vermarkten. Um diese ambitionierten Ziele realisieren zu können, hat die Gemeinde Wüstenrot zum einen in 2009 zusammen mit der Gemeinde Mainhardt und den Stadtwerken Schwäbisch Hall eine eigene Energieversorgungsgesellschaft gegründet (Infos unter www.emw-energie.de) und zum anderen in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Technik in Stuttgart eine Projektskizze mit dem Ziel Plus-Energie-Gemeinde bis 2020 beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie eingereicht (Infos unter www.envisage-wuestenrot.de).

Wie weit ist die Gemeinde Wüstenrot bei der Umsetzung des Energieprojektes?

(..) Text an dieser Stelle gekürzt, liegt komplett vor!

Welche Aspekte außer der Energieautarkie sprechen noch für die Umsetzung eines solchen Energieplanes?

Löffelhardt: Der Wirtschaftsstandort Wüstenrot wird gestärkt – es entstehen neue Arbeitsplätze und auch die Gewerbesteuereinnahmen steigen an. Darüber hinaus erhöht sich die regionale Wertschöpfung – Finanzabflüsse für den Energieeinkauf werden somit vermieden. Ein weiterer Vorteil: die kommunale Energieversorgungsgesellschaft wird ebenfalls gestärkt – dies schließt den Strom- und Wärmeverkauf, den Betrieb von diversen Versorgungsanlagen sowie das Erstellen von Konzepten mit ein. Ein positiver Nebeneffekt sind steigende Einnahmequellen für den kommunalen Haushat – eventuell benötigte Steueranhebungen werden dadurch verhindert. Das örtliche Gewerbe und die Bürgerschaft dürfen außerdem mit kostengünstigen stabilen Energiepreisen rechnen. Last, but not least wird die Energieautarkie außerdem die Vermarktungsmöglichkeiten von kommunalen und privaten Bauplätzen signifikant verbessern.


Was muss eine Gemeinde wie Wüstenrot tun, um ein effizientes Energie- und Gebäudemanagement zu erzielen?


(..) Text an dieser Stelle gekürzt, liegt komplett vor!

Würden Sie sagen, dass die Gemeinde Wüstenrot beim Thema Energieerzeugung eine Pionierrolle in der Region einnimmt und sollten andere Gemeinden Ihrem Beispiel folgen?


Löffelhardt: Die angestrebten Ziele im Rahmen des Energieprojektes "ENVISAGE" sind sicherlich einmalig im Bundesgebiet. Es gibt nachweislich kein weiteres Projekt in dieser Größenordnung. Aus diesem Grund kann man Wüstenrot durchaus eine Vorreiterrolle in Sachen "Energiewende" zuordnen. Wir würden uns in unserer Aufgabe bestärkt fühlen, würden viele andere Kommunen sich dem Vorbild Wüstenrot anschließen. Wir stehen gerne mit Rat und Tat zur Seite.




Infokasten:

Projektplanung der Gemeinde Wüstenrot
Die Gemeinde Wüstenrot setzt aktuell das Energieprojekt „Projekt envisage“ um. Das Projekt umfasst sieben Arbeitspakete.


Arbeitspaket 1 – Energiebestandsermittlung
Um die Energieverbräuche und energetischen Daten der Bestandsgebäude zu erfassen, wurde eine Bürgerbefragung durchgeführt (Rücklaufquote 50 Prozent). Diese Ergebnisse wurden in ein 3D-Stadtmodell eingearbeitet. Mittlerweile kann die Gemeinde Wüstenrot zielgerichtete Aussagen zu Energiebedürfnissen in den einzelnen Ortsteilen treffen.


Arbeitspaket 2 – Umsetzungsplanung Energieeffizienz
Die Gemeinde Wüstenrot hat im Rahmen der Energieeffizienz mittlerweile 540 Straßenleuchten auf LED-Technologie umgestellt und somit 70 Prozent an Stromkosten eingespart. Weitere Einsparungen im Bereich der Beleuchtung, der Pumpentechnik, der Heiztechnik sind bereits geplant. Ferner wird derzeit ein mittelständischer Betrieb in der Kommune bei Effizienzmaßnahmen von der Kommune betreut.


Arbeitspaket 3+4 – Umsetzung von Wärme.- und Stromversorgung
Noch im Jahr 2014 soll im Ortsteil Weihenbronn ein Nahwärmenetz entstehen. Der Betriebsstoff für die Wärmeerzeugung ist Hackschnitzel, welcher in einem Biomassewerk im Gewerbegebiet Weihenbronn produziert und anschließend ausgeliefert wird.



Arbeitspaket 5 – Umsetzungsplanung "Smart Grid"
Um Energieflüsse und Energiebedürfnisse aufeinander abstimmen zu können, werden im Projekt diverse Regel- und Steuerungsmodelle entwickelt. Diese dienen unter anderem zu einer Entlastung des Stromnetzes. Bisher wurde in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Schwäbisch Hall der Netzausbau und die Netzauslastung im Bereich Wüstenrot analysiert. 



Arbeitspaket 6 – Planungsleitfaden für kommunale Praxis
Alle Erkenntnisse und technische Entwicklungen welche in der Praxis wirtschaftlich umgesetzt werden können, fließen aktuell in den Planungsleitfaden ein. Ferner werden derzeit Finanzierungskonzepte in Zusammenarbeit mit Finanzierungs-/Fördermittelgebern und Finanzexperten ausgearbeitet. Als weiterer Schritt arbeitet derzeit ein Expertenteam die Gründungsmodalitäten einer Bürgerenergiegenossenschaft aus. Ziel ist es, Versorgungskonzepte mit Kapitaleinlagen der Bürgerschaft umzusetzen. Unter dem Schlagwort "Bürger für Bürger" sollen Interessierte in ihre eigene Versorgungsanlagen investieren können.



Arbeitspaket 7 – Plusenergie-Mustersiedlung
Planung und Umsetzung einer Plusenergiehaus-Neubausiedlung mit regenerativer Wärmeversorgung über ein Kaltwärmenetz mit angebundenen Agrothermiekollektoren. In Zusammenarbeit mit der Fachhochschule für Technik in Stuttgart entstand auf dem Areal "Vordere Viehweide" eine bundesweit einmalige, langfristig kostengünstige Energieversorgung für dieses Baugebiet. So kann ein Einfamilienhaus mit Gesamtenergiekosten für Strom und Heizung langfristig weit unter marktüblichen Preisen versorgt werden.

Weiterführende Links:

LINKS:
www.envisage-wuestenrot.de
www.eneff-stadt.info/de/pilotprojekte/projekt/details/gemeinde-wuestenrot-energieautark-bis-2020
www.energiewende.baden-wuerttemberg.de/de/e-in-stadt-und-kommune/best-practice/energieautarkes-unternehmen/

Text und Interview: Andreas Scholz
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