Das Haman - Der Badetempel der Türken

Die Badetempel der Türken
Mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein

Unser Alltag ist zunehmend von Stress und Hektik geprägt. Deshalb wächst das seelische und körperliche Bedürfnis nach Abschalten und Erholung. Viele suchen dafür regelmäßig Saunen, Thermal- und Dampfbäder auf. Besondere Genießer ziehen das märchenhafte Ambiente des Türkischen Bads vor. Wegen seines geheimnisvollen Dämmerlichts und der oft grottenartigen baulichen Anordnung glaubte man über Jahrhunderte hinweg, dass Geister ihr Wesen darin trieben. Man schrieb den Bädern geheime Kräfte und Wunderwirkungen zu. Nicht ganz ohne Grund …

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Der stumme Arzt der Muslims

Die „geheimen Kräfte und Wunderwirkungen“, die dem Hamam seit der Antike nachgesagt werden, lassen sich durchaus medizinisch erklären. Im Prinzip handelt es sich um eine Art Schwitzbad in feuchtwarmer Luft. Verbunden ist es mit Massagen, Körperabreibungen, Abgießungen und einer abschließenden allmählichen Abkühlung. Der Arzt R. Wollaston erwähnte die gesundheitlichen Meriten bereits 1860 in einem seiner medizinischen Fachvorträge. Das Hamam, so heißt es hier, diene nicht nur der Reinigung, sondern vermehre überdies die Lebenskraft und habe dementsprechend auch präventiven und therapeutischen Wert. In diesem Sinne wird das Hamam bis heute von Muslimen gern als „stummer Arzt“ bezeichnet. In der Tat führen die thermischen Reize des Bades im Zusammenhang mit Massagen zu einer intensiven Anregung des Gefäß- und Nervensystems.

Raum für Entspannung

Der architektonische Aufbau des Hamam ist in der Regel überall gleich. Der erste Raum, den man betritt, ist eine kuppelumwölbte Vorhalle, die vor allem als Umkleideraum dient. Der Boden besteht meist aus Marmorplatten, die bisweilen durch prachtvolle Intarsien ausgeschmückt sind. Oft sprudelt in der Raummitte noch ein kunstvoll gestalteter Springbrunnen. Hier und da kann er auch mal von Blumen und Zierpflanzen umgeben sein.

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Eine spezielle Massage rundet den Badeaufenthalt ab. Im Anschluss an die Massage begibt sich der Badende zu einer Nische mit einem Waschbrunnen oder einer der Schwitzstellen, in die Dampf einströmt. Hier begießt er die erhitzte Haut mit Wasser aus kleinen Kupfer- oder Messingschalen. Anschließend wird der Körper mit einem Handschuh oder Tuch gründlich abgerieben.

Ein Bad in der Menge

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Ist dieser Vorgang beendet, geht man zur Nachruhe zurück in den Übergangsraum. Hier entspannt man sich und tauscht sich mit anderen Badegästen aus. Und das gern bei einem türkischen Tee frisch aus dem Samovar. So ist der Aufenthalt in einem Türkischen Bad über seine gesamte Geschichte hinweg ein Gemeinschaftserlebnis geblieben, das man vorzugsweise mit Geschlechtsgenossen verbringt. Es ist ein Bad in der Menge, ein jahrhundertealter Ritus, der seine Zeit verlangt. Die Zeitspanne, die dies abverlangt, lässt sich selbst mit dem europäischen Hetztempo und unserer schnellen Lebensweise vereinen und ist in vielerlei Hinsicht weit mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein für Körper und Seele.


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Text: Ursula Lobert
Fotos: Bildagentur Zoonar