Im Iran - Abseits des Mainstreams

Abseits des Mainstreams
- Wojciech Elbich -

Der Iran erzeugt Unbehagen, dominieren doch Bilder von Hinrichtungen und grimmigen alten Männern die Medien. Abseits von religiösem Fanatismus und Konfliktpotenzial präsentiert sich das Land als außerordentlich aufgeklärt und gastfreundlich. Zwei junge Männer machten sich im Zagros-Gebirge auf die Suche nach widerlegbaren Klischees.

“Ist das nicht gefährlich?” Dutzende Male gehört, hallt die Frage noch nach, als die vereinzelten Lichtpunkte sich zu langen Streifen verformen. Reza Schuhmacher, so nennt sich unser Taxifahrer voller Stolz, kann sich jedenfalls nicht richtig entscheiden, ob er uns lieber durch seinen Mundgeruch oder seinen Fahrstil umbringen will. Den Tacho der fahrenden Rostlaube hat es offensichtlich bereits erwischt, völlig unbeeindruckt lässt er das nächtliche Teheran draußen vorbeiziehen und bleibt wie festgenagelt auf der Null. Benommen, aber lebend erreichen Chris und ich eine Stunde später das Haus unserer Gastgeber, schleifen unsere schweren Rucksäcke in den dritten Stock und verkürzen die aufwendigen Begrüßungsformeln auf das Nötigste. Schlaf, endlich.



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Er und sein Mitbewohner Arsam führen uns von Teheran in Richtung Norden, wo die senkrechten Wände des Alborz-Gebirges der acht Millionen-Metropole ihre natürliche Grenze aufzeigen. Grün ist hier zwar nichts, aber trotzdem reißt der Menschenstrom nicht ab und wir finden erst nach einiger Suche ein Plätzchen in einem kleinen Restaurant. Farhad grinst immer noch, aber mittlerweile ist der herumgereichte Joint daran schuld. “Im Iran”, sagt er, “ist vieles ganz anders als ihr denkt. Wir sind weder fanatisch noch verklemmt, wir haben einfach eine Regierung, die uns und den Rest der Welt verarscht. Wir einfachen Leute wollen auch nur einen Job, eine gesunde und glückliche Familie, ein Stück Wohlstand. Suren allein machen nicht satt und Weltmacht-Fantasien auch nicht. Was kommt als nächstes?

Ein persisches Drohnenprogramm! Fliegende Teppiche mit Lasern, nimm das, Amerika!” Unser schallendes Gelächter hallt durch das Tal.

Das Klischee religiöser Engstirnigkeit erweist sich tatsächlich als übertrieben. Nur sehr wenige Frauen in Teheran sind voll verschleiert, vor allem bei den Jüngeren ist das Kopftuch nicht mehr als ein schmaler Streifen Stoff, der den Hinterkopf bedeckt. Pärchen, auch gleichgeschlechtliche, spazieren Hand in Hand durch die Stadt, aber zwischen westlichen Schnellrestaurants und Einkaufszentren erinnern vor allem die allgegenwärtigen Portraits der Märtyrer aus dem Iran-Irak-Krieg wieder daran, wo wir sind. Und weil ich Chris’ Mutter versprochen habe, weder eine Revolution anzuzetteln, noch anderweitig im Gefängnis zu landen, halten wir uns mit weiteren allzu lauten Bemerkungen lieber zurück. Aufmerksamkeit bekommen wir auf unserer Iran-Reise trotzdem genug, da Ausländer im Iran nach wie vor selten sind. In Esfahan, etwa 450 Kilometer südlich der Hauptstadt, sind die Massen nicht kleiner, aber das Interesse an uns umso größer. Seine langen Dreadlocks machen aus Chris einen Exoten und mehrmals werden wir von Passanten angesprochen, ob wir ein gemeinsames Foto machen könnten.



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Die Täler des nördlichen Zagros sind sehr weitläufig, die flachen und ausladenden Ebenen zwischen den massiven Bergrücken werden zum großen Teil landwirtschaftlich genutzt. Mandelbäume tragen bereits erste Blüten und frisches Gras sorgt hier und da für einen Farbakzent in der sonst kargen, wilden Landschaft. Die Wildnis beginnt für die hier lebenden Menschen direkt an der Haustür, Mohamad fallen die Augen fast aus dem Kopf, als wir seine Frage nach einer Waffe verneinen. “Animals!”, ruft er, nach Luft schnappend und mit sichtlichem Entsetzen, “very, very danger!” Der junge Landwirt ahmt das Heulen eines Wolfes nach und versucht sich anschließend an der Imitation eines Bären.

Tatsächlich stoßen wir in den kommenden Tagen im Zagros-Gebirge unzählige Male auf leere Patronenhülsen im Gelände, scheinbar haben die hier lebenden Nomaden mit ihren Herden öfter Konfrontationen mit Raubtieren. In Wahrheit würde die Sichtung derselben zu meinen geheimen Wünschen gehören, aber das verrate ich Mohamad aus Sorge um seinen Blutdruck nicht. Unser Gespräch wird durch ein kurzes Erdbeben unterbrochen. Mohamad nimmt es kaum zur Kenntnis, immerhin ist die Gegend seit jeher tektonisch sehr aktiv und kleine Beben gehören im Zagros zum Alltag.

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Weiter in Richtung Westen zeigen uns die vielen Lawinenspuren linkerhand in aller Deutlichkeit, dass ein direktes Überqueren des Bergrückens nach Süden hin unklug wäre.

Alpines Gelände gewohnt, könnte man übrigens unsere ganze Planung als unklug bezeichnen: Unser zuverlässigstes Kartenmaterial besteht aus alten, sowjetischen Armeekarten. Mit dieser Grundlage war eine detaillierte Trekking-Route vorher nicht zu bestimmen. Ein paar Gipfel, Geländeverläufe und Ortschaften sind unsere Anhaltspunkte und die Strecke dazwischen wird improvisiert. Über die Versorgungsmöglichkeiten vor Ort konnten wir ebenfalls nichts herausfinden, also bleibt uns als Optimisten nur die Gewissheit, dass die mitgeschleppten zehn Kilo Proviant zumindest jeden Tag weniger werden.
Und was schließlich das Wetter betrifft: Die Bedingungen können sich mehrfach täglich ändern und Informationen können uns nur Einheimische nennen, von denen leider nur wenige Englisch sprechen.

Uns bleibt die Erfahrung und der nicht zuletzt viel zitierte, aber subjektive, gesunde Menschenverstand. Und der sagt Westen, aber erst mal sparsam mit Höhenmetern, da sich bereits dichte Wolken dreist und ungefragt über uns versammeln. Glücklicherweise bringen die nur ein paar vereinzelte Schneeflocken und lösen sich im Laufe des Tages zu harmlosen Wölkchen auf. Der Cheghakhor-See taucht zu unserer Rechten auf, er liegt etwa 600 Meter unterhalb und kleine Ortschaften bilden eine unregelmäßige Perlenkette drumherum.

Der dritte Tag im Zagros-Gebirge. Die Stiefelsohlen knirschen im Schnee, der Wind pfeift, die gesammelten Höhenmeter legen ordentlich zu. Wir haben eine Linie ausgemacht, die in Richtung Südwesten erfolgsversprechend aussieht, aber dafür müssen wir zuerst rauf. Am Nachmittag stellen wir fest, dass unsere Spuren nicht die einzigen sind.

Die vor uns liegenden Pfotenabdrücke gehören eindeutig einem Wolf, und die Entdeckung macht wacher als ein Dutzend Espressi. Auf 3.200 Metern Höhe ist das karge Nahrungsangebot heute um zwei delikate Trekker bereichert worden. Zugegeben, ich werde etwas paranoid. Wölfe jagen meistens im Rudel, dies war die Spur eines einzelnen Tieres, wir sind zu zweit und mit den Rucksäcken sehen wir deutlich größer aus als wir sind. Außerdem ist das Gelände so übersichtlich, dass ein Anpirschen unmöglich ist. Rational gesehen besteht kein Grund zur Sorge.



Zumindest tagsüber nicht. Nachts im Zelt wache ich auf. Der Wind peitscht gegen das schützende Nylon. Am Abend belohnte uns Mutter Natur mit einem herrlichen Sonnenuntergang, Unmengen Tee unterstützten die dicke Daunenbekleidung im Kampf gegen die Kälte. Leider will der Tee nun raus, drückt unsanft in meinem Unterleib herum. Er überlegt es sich sofort anders, als draußen der Wolf heult. Ist das der Spurenverursacher von heute? Und viel wichtiger: Wie weit ist er weg? Hat er Hunger? Und ist ein sturmstabiles Zelt auch stabil genug gegen ein etwa 30 Kilogramm schweres Fellbündel? Chris lässt sich davon jedenfalls nicht beeindrucken, mit seinem Ipod schottet er nicht nur den Wind erfolgreich ab, er schläft tief und fest. Erst am nächsten Morgen bemerkt er: “Siehst müde aus, hast du schlecht geschlafen?” Soviel also zum Thema geheime Wünsche. Ich schäme mich für meine unbegründete Angst.

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Unsere Karte zeigt einen unbefestigten Pfad, der sich durch ein paar Dörfer schlängelt und hinter einem kleineren Pass weiter in Richtung Gandoman verläuft. Unser Plan ist es den Kreis zu schließen. Nur sind die 30 Jahre seit der Entstehung der Karte eine lange Zeit, und der eingezeichnete Pfad liegt als breite, asphaltierte, aber glücklicherweise wenig befahrene Straße vor uns.

Ein junger Mann überholt uns auf seinem Mofa, aber mit den Worten “Hello” und “Welcome” ist sein Wortschatz erschöpft, er fährt weiter.

Etwa eine halbe Stunde später kommt er uns erneut entgegen und überreicht uns lachend eine Tüte voller Obst und eine Flasche Wasser. Er wiederholt sein gesamtes englisches Vokabular und fährt wieder weg, und wir sind von der Herzlichkeit der hier lebenden Menschen wieder einmal überrumpelt. In einem Dorf namens Ahmadabad werden wir von einer Gruppe Jugendlicher angesprochen, mit gerösteten Sonnenblumenkernen verköstigt und zu einem Platz oberhalb des Dorfes begleitet, wo wir unser Zelt aufschlagen können. Wir essen gemeinsam und mit dem Anbruch der Nacht fallen wir in unsere Schlafsäcke.



Früher Aufbruch, heute wollen wir Strecke machen. Natürlich wird nichts daraus, denn bereits am Mittag zeigt uns die iranische Sonne, wozu sie heute fähig ist. Die Einladung zu einer Abkühlung kommt von einer großen Familie, die ein Picknick inmitten von blühenden Pistazienbäumen genießt. Aus der zugesagten “kurzen Pause” wird ein reichhaltiges Mittagessen samt Nachtisch. Drei Stunden, 13 geschüttelte Hände und ebenso viele Umarmungen später ziehen wir, reich beschenkt mit selbstgemachtem Karamell, weiter. Den perfekten Abschluss des Tages bringt ein großartiger Zeltplatz mit, weich, eben, trocken und das Rauschen des Doorak-Flusses im Ohr.



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Der Fahrer steigt nun ebenfalls aus, und macht uns wild gestikulierend deutlich, wir sollen unser Gepäck aufs Dach schnallen und schleunigst einsteigen. Schwierig, da das Fahrzeug bereits voll besetzt ist mit einer Hirtenfamilie, die nun kurzerhand umgeschichtet wird. Kinder auf den Schoß, zwei Gewehre zwischen die Beine und wir irgendwo dazwischen. Völlig perplex sind wir zu keiner nennenswerten Konversation fähig, während wir den Weg zurück bis zur nächsten Fernstraße geschaukelt werden. Ein Rückzug, gerade mal 15 Kilometer vor unserem Ziel, aber ein taktisch kluger, wie wir später zuhause erfahren: Stellenweise hat der Sturm fast einen Meter Neuschnee gebracht.

Auf dem Heimflug steigen wir in Istanbul um. Irgendwo über dem Balkan komme ich mit meinem Sitznachbarn kurz ins Gespräch: “Iran, ist das nicht furchtbar gefährlich?”, will er wissen. “Mag sein”, antworte ich, “gefährlich ist es überall. Wirklich gefährlich sind Vorurteile.” Den Rest des Fluges schweigen wir.


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TEXT UND FOTOS: WOJCIECH ELBICH
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