Urin-Strom für Entwicklungsländer

Urin kann mit Hilfe von Bakterien Strom erzeugen
Urin kann mit Hilfe von Bakterien Strom erzeugen. Die Entwickler wollen damit Entwicklungsländern und Flüchtlingslagern zu Elektrizität verhelfen.

Wenn wir öffentliche Toiletten benutzen, versuchen wir in der Regel, sie möglichst schnell wieder zu verlassen. Meist sind solche Toiletten nicht besonders einladend und wirklich nur geeignet, um dem Drängen der Harnblase nachgeben zu können und in der Not eine »Notdurft« zu verrichten. Wer käme da schon auf den Gedanken, an diesem Ort Elektrizität erzeugen zu wollen?

Doch spanische Wissenschaftler in Großbritannien sehen in dem ungeliebten »stillen Örtchen« eine Chance, um in Entwicklungsländern oder Flüchtlingscamps Strom zu produzieren. Sie haben während ihrer Forschungen ein Gerät entwickelt, dass ..

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Strom für Entwicklungsregionen oder Flüchtlingslager
Eine Testkabine wurde kürzlich beim britischen Glastonbury Festival installiert. Doch das Ziel der Wissenschaftler ist, die sanitären Anlagen in Entwicklungsländern, Flüchtlingslagern oder Regionen, in denen nur begrenzt Strom erzeugt werden kann, zu verbessern. Eins der öffentlichen Urinale, die dieses Jahr in Glastonbury - beim größten britischen Musikfestival - installiert wurden, kann genug Strom erzeugen, um die LED-Röhren der Kabine zu beleuchten. »Die Technologie im Prototypen basiert auf einer mikrobiellen Brennstoffzelle, die - genau wie Batterien - eine Anode und eine Kathode besitzt«, erklärt Irene Merino, die dank der Bill und Melinda Gates Foundation, Teil des Forschungsteams ist und mit einem weiteren spanischen Forscher - Daniel Sánchez - zusammenarbeitet.

Genügend Energie für Beleuchtung
Die bakteriellen Brennstoffzellen werden in dem Behälter angebracht, der den Urin sammelt. Momentan funktioniert das wegen der Form der Urinale nur auf den Herrentoiletten. In der Brennstoffzelle besiedeln Bakterien die Anode und fungieren als Katalysator, in dem sie das organische Material im Urin zersetzen. Und es gibt einiges zu verarbeiten für die Kleinstlebewesen: Urin enthält verschiedene chemisch sehr aktive Substanzen wie Harnstoff, Stickstoff und Chloride.
Dieser Abbauvorgang setzt sowohl Protonen frei, die durch eine halbdurchlässige Membran von der Anode zur Kathode wandern, als auch Elektronen, die durch einen externen elektrischen Kreislauf befördert werden. Um den Kreis zu schließen, findet gleichzeitig in der Kathode eine Reduktion von Sauerstoff statt. Dieser Prozess erzeugt genügend Energie, um Glühbirnen oder LED-Röhren zu betreiben.

Prototypen mit 75 und 300 Milliwatt Leistung
»Unser Projekt ist auf Entwicklungsländer ausgerichtet, mit Blick auf die Verbesserung oder Integration sanitärer Einrichtungen. Zusätzlich zur Stromproduktion reduziert das System auch den chemischen Sauerstoffbedarf (CSB); mit anderen Worten, es dient auch dazu den Urin zu klären«, betont Merino.

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In beiden Tests wurde die Elektrizität dazu benutzt, das Innere der WC-Kabine zu beleuchten. Der Prototyp auf dem Universitätsgelände enthielt 288 mikrobielle Brennstoffzellen und erzeugte durchschnittlich 75 Milliwatt. Der Prototyp beim Musikfestival setzte sich aus 432 Brennstoffzellen zusammen und erzielte 300 Milliwatt. Die Reduktion des chemischen Sauerstoffbedarfs lag bei dem Campus-Gerät bei über 95 Prozent und bei dem Festival-Gerät bei etwa 30 Prozent.

Beleuchtung kann Frauen und Kindern mehr Sicherheit geben
Die Forscher planen nun in Zusammenarbeit mit Oxfam und anderen Hilfsorganisationen, die Urinale in Indien oder einigen afrikanischen Regionen zu testen. Besonders in Flüchtlingslagern, Gemeinden, Schulen und öffentlichen Toiletten, die schlecht oder gar nicht beleuchtet sind. »Das ultimative Ziel ist, Strom für die Beleuchtung der Toilettenkabinen zu bekommen und vielleicht auch für die Außenräume. Vor allem in verarmten Regionen könnte das die Sicherheit von Frauen und Kindern verbessern. Das gilt besonders für Länder, in denen Frauen und Kinder öffentliche Sanitäreinrichtungen benutzen müssen«, schlussfolgert Ioannis Ieropoulos, Direktor des Bristol BioEnergy Centre und Leiter der Forschungen. Gewalttätige Übergriffe sind dort an der Tagesordnung und eine ausreichende Beleuchtung würde Frauen und Kindern mehr Schutz bieten.

Mikrobielle Brennstoffzellen zur Abwasserreinigung
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Text: Angelika Lensen
Fotos: Bildagentur Zoonar (Spectral, Stocksnapper, Jirkaejc, Vonschonertagen)

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