An dem Zustand des Waldes erkennst du den Zustand des Volkes

Interview mit der Waldpflanzerin und BUND-Ehrenamtsbeauftragten Silvia Hämmerle
An dem Zustand des Waldes erkennst du den Zustand des Volkes -

Interview mit der Waldpflanzerin und BUND-Ehrenamtsbeauftragten Silvia Hämmerle

In ihrer hauptamtlichen Tätigkeit beim BUND Stuttgart engagiert sich Silvia Hämmerle für ehrenamtliche Umweltprojekte in der schwäbischen Landeshauptstadt. Ganz besonders jedoch liegen ihr die Wälder am Herzen. Was nicht von ungefähr kommt! Ihr Vater Peter ist Entwicklungshelfer und führt seit mehr als 25 Jahren verschiedene Waldprojekte durch - unter anderem auf den Philippinen, wo Silvia Hämmerle einen Teil ihrer Kindheit verbrachte. Im Interview erzählt die passionierte Naturschützerin über das nachhaltige Waldprojekt „Live-Giving-Forest“, das sie vor sechs Jahren auf der Insel Mindanao ins Leben gerufen hat.


Frau Hämmerle, Sie haben vier Schwestern und sind als dreijähriges Mädchen mit ihren Eltern auf die Philippinen gezogen. Wie haben Sie Ihre Kindheit dort erlebt?

Silvia Hämmerle: Ich habe auf den Philippinen eine wunderbare Kindheit verbracht. Wir haben viele Länder in Südostasien gesehen. Ich habe sicherlich mehr Reisen unternommen als andere Kinder im gleichen Alter. Die soziale Ungerechtigkeit und die Armut der Menschen auf den Philippinen haben sich aber bei mir tief ins Gedächtnis gegraben. Mir ist im Nachhinein bewußt geworden, daß ich viele Privilegien genossen habe, weil ich geborgen aufgewachsen bin. Ich habe vielfältige Kulturen kennengelernt und viele Freunde gefunden.

Sie engagieren sich beim Projekt „Life-Giving-Forest e.V. “. Können Sie kurz erklären, worum es bei dieser Initiative geht?

Silvia Hämmerle: Mit Life-Giving-Forest unterstütze ich Menschen mit Behinderung auf den Philippinen beim Pflanzen, Pflegen und nachhaltigen Nutzen von tropischen Wäldern. Das Projekt besteht inzwischen seit sechs Jahren. Es ist damals im Rahmen meiner Bachelorarbeit entstanden. Es baut auf der Arbeit meines Vaters auf, der seit mehr als 25 Jahren als Entwicklungshelfer und Schreinermeister Menschen mit Behinderung auf den Philippinen dabei unterstützt, mit eigenen Betrieben unabhängig zu werden. Die meisten der Betriebe sind Schreinereien.

Da große Firmen das gute philippinische Holz gewinnbringend ins Ausland verkauften, wurde es zunehmend schwieriger, an ausreichend Holz für die Schreinereien zu kommen. Eine Gruppe kam selbst auf die Idee, einen eigenen Wald anzupflanzen. Somit brachte mein Vater mich ins Spiel, da ich zu der Zeit gerade internationale Waldwirtschaft in Freiburg studierte. Zusammen mit der Gruppe erarbeitete ich das erste Projekt. Es geht dabei um Inklusion, Befähigung und Selbstversorgung. Wir setzen dort neben der Baumpflanzung auch auf nachhaltige Bio-Gärten, in denen wir Kakao, Kaffee und Zitronella anbauen.

Ein Professor im Studium sagte mal einen weisen Satz: „An dem Zustand des Waldes erkennst du den Zustand des Volkes.“ Diesen Satz habe ich mir gut gemerkt. Der Wald auf den Philippinen soll den Menschen zugutekommen, die ihn brauchen. Wir bieten daher langfristige Bildungsprogramme mit lokalen Experten an, weil wir an die Nachhaltigkeit des Öko-Anbaus auch auf den Philippinen glauben.

Sie sind im Alter von zehn Jahren wieder nach Deutschland zurückgekehrt. War das ein Kulturschock?
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Wie stellt sich aus Ihrer Sicht derzeit die wirtschaftliche und soziale Lage auf den Philippinen dar?

Silvia Hämmerle: Am meisten bekomme ich an unseren beiden Projektorten Mindanao und Leyte mit. Die Philippinen gelten bekanntermaßen als Tigerstaat. In kaum einer anderen Nation in Südostasien ist das Wirtschaftswachstum in den vergangenen Jahren so rapide angestiegen. Leider macht sich das Wachstum nur bei den Reichen des Landes bemerkbar, also nur bei 20 Prozent der Bevölkerung. Es gibt quasi keine Mittelschicht. 80 Prozent der Menschen profitieren kaum vom Wirtschaftswachstum. Viele Filipinos verdienen nur ein bis zwei Dollar am Tag. Der Überlebenskampf wird immer krasser. Dies zeigt sich vor allem bei medizinischen Notfällen. Wenn sich ein Kind das Bein bricht, dann bedeutet das für die Familie ein finanzielles Fiasko. Auch bei chronischen Erkrankungen sieht die medizinische Versorgung schlecht aus. Es fehlen langfristige Therapien, um auch Symptome bei Entwicklungsstörungen wie beispielsweise Autismus zu lindern. Leider gibt es nur noch wenige Nichtregierungsorganisationen, die kleinere Operationen durchführen. Die sind inzwischen mehr damit beschäftigt, größere Projekte in Absprache mit der Regierung durchzuziehen, um eine positivere Außendarstellung zu erreichen.

Wie ist es momentan um die Infrastruktur auf den Philippinen bestellt?

Silvia Hämmerle: Ein Problem für die Menschen ist die schlechte Verkehrssituation in abgelegenen Orten. Es ist jedes Mal ein Abenteuer, wenn wir die Gemeinde Cateel auf der Insel Mindanao erreichen wollen. Die Anreise dauert manchmal länger als ein Flug nach Europa. Die Straßen sind schlecht und ausbaufähig. Die Internetverbindung ist ebenfalls miserabel. Wir senden daher in der Nacht unsere E-Mails ab, aber größere Dateianhänge sind kaum möglich. Die Hauptstadt Manila ist gegenüber den ländlichen Regionen infrastrukturell klar im Vorteil. Für Unternehmen sind Investitionen außerhalb der urbanen Zonen nicht attraktiv. Aber auch Manila bietet für die meisten Familien wenig Perspektiven. Millionen von Filipinos versuchen im Ausland ihr Glück. Sie finden da leichter Arbeit als Krankenschwestern, Matrosen oder Haushaltshilfen. Einen Teil des Verdiensts senden sie in die Heimat und unterstützen damit ihre Familien, was für das Land eine wichtige Stütze ist.

Der Präsident Rodrigo Duterte ist eine der bekanntesten Charaktere des Inselstaats. Er hat angekündigt, den Drogenhandel einzudämmen. Wie hat sich sein hartes Vorgehen bisher ausgewirkt?
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Kommen wir zu einem erfreulicheren Thema.
Welche landschaftlichen Reize haben die Philippinen zu bieten?

Silvia Hämmerle: Die Philippinen bieten alles, was man sich für einen spannenden Abenteuertrip oder schönen Badeurlaub wünscht. Traumhafte Sandstrände, Korallenriffe, Dschungel, Tropfsteinhöhlen, Bergwälder und Vulkane. Auf der Insel Mindanao gibt es das größte Sumpfgebiet Südostasiens. Hier werden viele Naturexkursionen angeboten. Für Hobbyornithologen oder Schmetterlingsbeobachter ist es ein wahres Paradies.

Aufregend sind auch Begegnungen mit Krokodilen oder der philippinischen Königskobra. Die Giftschlange taucht schon mal in Dörfern auf. Zum Glück haben wir Mitarbeiter, die mit der Giftschlange gut umgehen können. Sie fangen die Kobra und lassen sie an einem entfernten Ort wieder frei. Mich fasziniert auch immer wieder aufs Neue der Walhai, der an den Küsten regelmäßig auftaucht. Die Meeresriesen sind eigentlich harmlos und fressen Plankton. Exotisch sind ebenfalls die fleischfressenden Kannenpflanzen. Auf den philippinischen Inseln finden Naturfreunde viele endemische Arten vor, die nur hier vorkommen. Die Philippinen sind ein ökologischer Hotspot.

Was wird getan, um die Naturschätze auf den Philippinen zu bewahren, und welche Rolle spielt hierbei die Energiewende?

Silvia Hämmerle: Es gibt viele Umweltgesetze, um die einzigartige Natur auf den Philippinen zu schützen. Die Korruption ist aber ein latentes Problem. Es wird massiv aufgeforstet, weil es dafür Zuschüsse gibt. Leider wird aus finanzieller Not den Bäumen oft zu wenig Zeit zum Wachsen gegeben. Häufig werden Bäume nach einer kurzen Wachstumsphase gerodet, um an der gleichen Stelle sofort wieder neue Bäume zu pflanzen. Da wird dann eben kurz hintereinander gleich zweimal abkassiert. Manchmal werden Bäume direkt an befahrenen Straßen gepflanzt. Das Straßenbauamt fällt diese jedoch direkt wieder, da an Straßen keine Bäume gepflanzt werden dürfen. Es gibt jedoch sehr viele Initiativen, die aufforsten, Arten schützen und die Naturschätze beispielsweise in Naturparks aktiv bewahren. Der Anteil an regenerativen Energien auf den Philippinen liegt derzeit bei 30 Prozent. Neben Geothermie steht speziell die Wasserkraft im Fokus. Leider laufen auch auf den Philippinen die Kohlekraftwerke noch auf Hochtouren.

Sie pendeln quasi zwischen zwei Welten. Wenn Sie auf den Philippinen sind, was vermissen Sie dort aus Ihrem westeuropäischen Alltag?

Silvia Hämmerle: Wenn ich auf den Philippinen bin, dann fehlt mir eindeutig das deutsche Brot und das große Angebot an vegetarischen Gerichten. Auf den Philippinen fehlt mir auch der Komfort des Öffentlichen Nahverkehrs, wie ich ihn in Deutschland gewohnt bin. In Deutschland sehne ich mich wiederum nach der asiatischen Spontanität und dem Willen, sich nicht unterkriegen zu lassen. Natürlich schätze ich auch die angenehmen Temperaturen und das Meer. In Deutschland fallen mir manchmal die menschenleeren Straßen auf. Das ist in Südostasien anders. Auf den Philippinen findet das Leben förmlich auf der Straße statt.

Sie leben mit Ihrem Mann Benedikt in einer WG in Vaihingen an der Enz. Sie halten dort Hühner und ernten Äpfel im eigenen Garten. Wie unterstützt Ihr Mann Sie bei Ihren Projekten?
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Sie arbeiten beim BUND in Stuttgart als Ehrenamtsbeauftragte. Welche Umweltprojekte liegen Ihnen in der schwäbischen Metropole besonders am Herzen?

Silvia Hämmerle: Wir sind breit aufgestellt und führen die verschiedensten Projekte durch. Ein Projekt, das mir besonders am Herzen liegt, ist das Tagfalter-Monitoring. Inzwischen haben wir schon acht Aktive, die Schmetterlinge in Stuttgart zählen und auch Führungen zu den Schmetterlingswiesen anbieten. Unsere ehrenamtlichen Kräfte beobachten vor allem die Schmetterlingswiesen im Rosensteinpark, die von der Wilhelma gepflegt werden. Das Tagfalter-Monitoring führen wir in zusätzlicher Kooperation mit dem Umweltforschungszentrum in Dresden durch. Das Schmetterlingsprojekt hilft auch anderen Insekten und somit natürlich ebenfalls Singvögeln. Für viele heimische Singvogelarten bilden Insekten eine wichtige Nahrungsquelle.

Die Stadt Stuttgart sorgte zuletzt auch für negative Schlagzeilen. Verkehrsinfarkt, Stuttgart 21 und Feinstaubalarm heißen die Reizwörter. Nun testet die Stadt unter anderem Mooswände als Option gegen den Feinstaub. Was muß passieren, damit das Umwelt-Image der schwäbischen Metropole sich wieder bessert?

Silvia Hämmerle: Die Medien fokussieren sich gerne auf diese drei großen Themen. Wie überall gibt es jedoch Schatten und Licht. Die Mooswände sollten auf alle Fälle ausprobiert werden. Ein großer Schritt war es, daß die Stadt Stuttgart im Juli 2016 beschlossen hat, ihre Geldanlagen aus Kohle und Öl zu „deinvestieren“. Ein wichtiges Zeichen für andere Städte und Kommunen. Bis jetzt wurden auch keine neuen Baugebiete an den Stadträndern ausgewiesen, da zum Glück nach wie vor die Innenentwicklung im Blickfeld steht.
Aber momentan üben viele Seiten Druck aus, um auch die Stadtränder weiter zu verdichten. Besonders stark für ein ökologisches Stadtklima setzt sich in Stuttgart das Umweltamt ein. Dazu zählt auch ein neues Artenschutzkonzept. Damit sich das Umweltimage der Landeshauptstadt verbessert, muß jedoch noch einiges passieren: Eine bessere Förderung des Radverkehrs und des Öffentlichen Nahverkehrs, mehr Natur und weniger Autoverkehr. Dazu auch mehr Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden und vieles mehr. Es gibt noch viel zu tun. Wir bleiben am Ball.

Liebe Frau Hämmerle, wir danken Ihnen für das interessante Gespräch.

Das Interview führte Andreas Scholz

Weitere Informationen
Life-Giving-Forest e.V.
Königsbergerstr. 12
71665 Vaihingen (Enz)
Telefon: 07042-35 980 31
Web: www.life-giving-forest.de

BUND Stuttgart
BUND Kreisverband Stuttgart
Kreisgeschäftsstelle
Rotebühlstraße 86/1
70178 Stuttgart
Telefon: 0711-61 970 30
Web: www.bund-stuttgart.de

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