Rasseportrait Sorraia

Sorraia-Pferde sind selten. So selten, dass es weltweit nicht einmal zweihundert Tiere dieser Rasse gibt. Sie sind aber für Zoologen und hippologische Fachwelt von enormem Interesse, weil sie die letzten Vertreter eines sehr urtümlichen Wildpferdetyps sind, um dessen genauere Zugehörigkeitsbestimmung inzwischen ein fast schon politisch zu nennender Streit entbrannt ist.

"Wir müssen uns unbedingt vor den Gefahren schützen, die von den destruktiven Meinungen einiger Fremder ausgehen und die die Forschungsergebnisse der Universität von Lissabon in Frage stellen wollen," ärgert sich der portugiesische Sorraia-Züchter José Luís Sommer d'Andrade, Enkel des großen Hippologen,  Pferdezüchters und Universalgelehrten Ruy d´Andrade. "Wenn dieses Pferd aus ihrem Land stammen würde, würden sie es schützen, so aber greifen sie es an, und ich weiß noch nicht mit welcher Absicht," sagt er. Weshalb diese Missstimmung, worum geht es hier?

Als Ruy d´Andrade, dem wir unter anderem den Erhalt der Rasse Altér Real und eine bedeutende Blutline in der Lusitanozucht verdanken, im Jahr 1920 im unzugänglichen Gebiet des Flusses Sorraia einen Jagdausflug unternahm, stieß er dort durch Zufall auf eine kleine Herde grauer und falbfarbener Pferde, die sehr urtümlich wirkten. Sie hatten Aalstriche auf dem Rücken und Zebrastreifen an den Beinen und waren nur um die 145 cm hoch, erinnerten also alles in allem an echte Wildtiere. D´Andrade war sicher, das südiberische Urwildpferd gefunden zu haben, von dem der Andalusier und der Lusitano abstammten. Zu dieser Zeit war dies eine geradezu ungeheuerliche Behauptung, denn bis dato herrschte unter den Zoologen die Meinung vor, Andalusier und Lusitanos seien im Grunde nichts als minderwertige, sprich durch Blutbeimengung  "verwässerte" arabische Pferde.  D´Andrade hingegen war sicher, dass Araber und iberisches Pferd von unterschiedlichen Wildpferdetypen abstammten und machte dies an Unterschieden in Gebiss, Schädelform und Körperbau fest. Die im Norden der iberischen Halbinsel vorkommenden Kleinpferde wiederum, die in Portugal "Garranos" und in Spanien "Asturcones" genannt werden, gehörten wiederum zu einer anderen Unterart, nämlich zu den echten Ponys, die von einem keltischen Urpferdetypus abstammten. Exmoorponys beispielsweise repräsentieren einen sehr urtümlichen Typ dieser Gruppe. Später, im Jahr 1958, wurde diese "Typenlehre" über die Abstammung der Hauspferde von unterschiedlichen Wildpferdetypen auch von Speed und Ebhardt wissenschaftlich formuliert. Der Sorraia wäre demnach Repräsentant des "Urtypus Gruppe III", des so genannten Ramskopfpferdes, das durch ein konvexes Nasenprofil, einen hoch angesetzten Hals und hohe Bewegungen  gekennzeichnet war, wie sie heute noch für iberische Pferde typisch sind. Auch der Berber gehört zu dieser Gruppe (und ist übrigens nicht mit dem Araber verwandt).  

Aber zurück zu Ruy d´Andrade: Er fand zwar die Pferde nicht wieder, die er auf diesem Ausflug gesehen hatte, kaufte aber gezielt in der Umgebung Pferde mit den typischen Wildpferdemerkmalen (grau oder falb, um 140 cm groß, Zebrastreifen, Aalstrich und Schulterkreuz, konvexes Profil) auf und nannte sie "Sorraias". Von dieser kleinen Gruppe der d´Andrade-Pferde, die er zum Zwecke des Rasseerhaltes ausgesucht hatte, stammen praktisch alle heute lebenden Sorraias ab, sodass der Inzuchtgrad innerhalb der Rasse sehr hoch ist. In den Revolutionswirren von 1975 war der Bestand in Portugal extrem bedroht und es gelang dem deutschen Hippologen Dr. Michael Schäfer, eine  kleinere Herde nach Deutschland in Sicherheit zu bringen. Er führte unter anderem an ihnen sehr interessante Verhaltensbeobachtungen durch, die in sein Buch "Das Jahr des Pferdes" Eingang fanden. Auch er befürwortete die These vom "Ur-Andalusier" und stellte fest, dass diese Pferde beispielsweise einzelgängerischer veranlagt seien als beispielsweise die typischen Nordponys.

Mit den "destruktiven Meinungen Fremder" meint der Enkel Ruy d´Andrades vermutlich eine 1999 in den USA veröffentlichte Studie von Jansen, Forster, Levine, Oelke u.a., in denen man die DNA mehrerer heutiger Pferderassen aus den verschiedenen "Gruppen" miteinander verglich, um die Abstammungsthese von den unterschiedlichen Wildpferdetypen zu überprüfen. Zur Überraschung aller stellte sich dabei heraus, dass der Sorraia in seiner DNA gar keine gemeinsamen Merkmale mit Andalusier und Lusitano besitzt, wohl aber mit dem Konik! Die portugiesischen Sorraia-Freunde empfanden dies wohl teilweise als Angriff auf die "Echtheit" ihrer Pferde und waren empört. Inwiefern die Ergebnisse der Studie nun wirklich zuverlässig sind, sei dahingestellt, jedenfalls gibt man zu, die Gruppe der zum Vergleich herangezogenen Koniks sei relativ klein gewesen - vielleicht zu klein, um eindeutige Aussagen machen zu können. 

Fest steht jedenfalls nach wie vor, dass die Ähnlichkeiten zwischen Sorraia und Andalusier bzw. Lusitano bei näherem Hinsehen sehr schnell ins Auge fallen. Der Sorraia besitzt genau wie die beiden letzteren sehr ausgeprägte "Reitpferdepoints", also körperliche Merkmale, die ihn zum Reiten besonders geeignet machen. Dazu gehören ein eher hoch angesetzter Hals, eine gute Ganaschenfreiheit, ein weit in den Rücken hineinreichender und gut ausgeprägter Widerrist, eine günstige Winkelung der Hinterhand und eine allgemein hohe Beweglichkeit und Biegefähigkeit.
Rasseportrait Sorraia
Rasseportrait Sorraia
Und das alles ohne menschliche Zuchtauswahl in Richtung Reitpferd! Ein Sorraia unter dem Sattel zeigt also gegenüber den ganz anders gebauten Pferden des Nordpferdetypus, die eher durch tiefen Halsansatz, wenig Ganaschenfreiheit und stärkerer "Vorhandlastigkeit" geprägt sind, ohne viel Zutun einen hohen Grad an Rittigkeit und Versammlungsfähigkeit und lässt sich leicht dressurmäßig ausbilden. 

Trotzdem werden Sorraias nur selten als Reitpferd genutzt, und zwar in erster Linie deshalb, weil es so wenige von ihnen gibt! In Deutschland hat der saarländische Wanderrittführer Robert Claus regelmäßig zwei Sorraias unter dem Sattel, die er vor Jahren vom inzwischen verstorbenen Dr. Michael Schäfer erworben hatte. Beide haben sich inzwischen auf Tausenden von Kilometern bewährt und begeistern durch ihre Härte, Zuverlässigkeit, Robustheit,  Rittigkeit und Ausdauer. Würde man den Sorraia aber künftig gezielt im Hinblick auf reiterliche Nutzung züchten, ist allerdings zu befürchten, dass er viele seiner typischen Wildpferdeigenschaften verlieren würde, weil die vom Mensch bevorzugten Eigenschaften wie Umgänglichkeit oder ein hübscherer Kopf nun einmal für ein Überleben in Freiheit überhaupt nicht wichtig sind. Vielleicht sind die Sorraias mit den stärksten Ramsköpfen, der eckigsten Hinterhand und dem einzelgängerischsten, vielleicht sogar aggressivsten Verhalten ausgerechnet die besten, unter "Wildpferdekriterien" betrachtet? Es herrscht deshalb unter den Sorraia-Enthusiasten weitgehende Einigkeit darüber, dass man die seltene und genetisch sehr wertvolle Rasse am besten in ihrer natürlichen Umgebung erhalten sollte, sprich in wilder oder halbwilder Haltung auf großen Extensivflächen mit der typischen Vegetation, dem Klima und der Bodenbeschaffenheit, wie sie im Süden der iberischen Halbinsel vorherrschen. Ein erstes Projekt dieser Art gibt es nach langem Hin und Her nun mit der "Reserva Natural do Cavalo do Sorraia" im portugiesischen Alpiarça, wo eine Herde von Sorraias auf einem vierzig Hektar großen Gelände frei lebt. Demnächst soll es auf hundert Hektar erweitert werden und bietet neben den Pferden auch einer großen Anzahl weiterer seltener heimischer Pflanzen und Tiere ein Zuhause. 

Neben Dr. Michael Schäfer war es ausgerechnet ein weiterer Deutscher, der sich mit viel Enthusiasmus für die Sorraias einsetzte und weiter einsetzt: Hardy Oelke, bekannt als Westernpferdespezialist und Buchautor. Seiner Initiative ist ein weiteres Reservat in Portugal zu verdanken, das "Vale de Zebro Refugio do Cavalo do Sorraia". Am spannendsten aber ist sicherlich seine Entdeckung, dass  der Sorraia mit Kolumbus auf dem amerikanischen Kontinent gelandet war und sein Blut dort heute noch in manchen Mustangs wiederzufinden ist. Ihm war aufgefallen, dass manche Mustangs in ihrem äußeren Erscheinungsbild extrem stark an die Sorraias erinnerten, und mit oben erwähnter DNA Studie gelang es ihm auch, eine Verwandtschaft zwischen den Sorraias und diesen Mustangs nachzuweisen.  Dabei war es wohl eher ein Zufall, dass Sorraias auf einer von späteren Amerikafahrten des Kolumbus an Bord gingen, denn "bestellt" waren zum Mitnehmen eigentlich edlere andalusische Pferde. Die aber hatte man - warum auch immer - in letzter Minute durch die unscheinbaren grauen und falben Primitivpferde ersetzt, worüber Kolumbus nach Auskunft von Zeitgenossen sehr erzürnt gewesen sein muss. Da er aber den günstigen Wind nutzen musste und ein Umladen zu viel Zeit gekostet hätte, fuhren diese Tiere halt wohl oder übel mit  Im Nachhinein betrachtet vielleicht sogar ein Glücksfall, denn so konnte ihr seltenes und wertvolles Erbgut im fernen Amerika weiterexistieren, während es im Heimatland so gut wie verschwand. Heute gibt es in den USA sogar ein Stutbuch für "Spanish Mustangs", das Mustangs zusammenfasst, die im Phänotyp möglichst genau dem Sorraia ähneln. Auch einige reine Sorraias aus Portugal haben inzwischen den Weg über den großen Teich gefunden und haben zum Teil sogar großes Interesse bei den amerikanischen Andalusier und Lusitano-Züchtern geweckt, die sich von ihnen eine Auffrischung mit "iberischem Originalblut" erhoffen.
Um das Weiterbestehen der Sorraias langfristig zu sichern, ist es wichtig, sie auch von offzieller Seite nicht als eine beliebige von vielen Hauspferderassen zu betrachten, sondern als Restpopulation eines einzigartigen Wildpferdetypes, den es unbedingt zu erhalten gilt. Erst dann, wenn man ihnen zoologisch die gleiche Bedeutung beimisst wie beispielsweise dem Przewalskipferd, lässt sich beruhigt in die Zukunft schauen. 


Info:

http://www.sorraia.net/ (Naturpark in Alpiarça / Portugal)

http://www.sorraia-stiftung.de/ (Deutsche Interessenvertretung)

Portugiesischer Zuchtverband: 
Associação Internacional de Criadores do Cavalo Ibérico de Tipo Primitivo - Sorraia
Präsident: José Luis Vasconcellos e Souza d'Andrade
Herdade de Fontalva, Barbacena, PT -  7450 Elvas    
Tel. & Fax  00351 268 66 21 53
Buchtipps:
Michael Schäfer, Das Jahr des Pferdes, Kynos Verlag
Hardy Oelke, Das Vermächtnis des Columbus, Kierdorf Verlag 



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