Auf die Finger geschaut

Auf die Finger geschaut
Lassen sich Krankheiten an den Nägeln erkennen?

Brüchige, wellige oder verfärbte Nägel sind manchmal bloß ein Schönheitsmakel: Sie können aber auch auf Mangelerscheinungen des Körpers hindeuten. Und sogar Symptom einer Krankheit sein.

Medizinisch betrachtet sind die Nägel, wie auch die Haare, ein sogenanntes „Anhangsorgan‟ der Haut. Und genau wie die Haare bestehen sie aus der Hornsubstanz Keratin, die von den Zellen der Haut ständig neu gebildet wird. Wenn es dem Körper an Nährstoffen mangelt, oder er durch Krankheit geschwächt ist, kann das das Wachstum der Nägel stören. Nach einiger Zeit werden dann Veränderungen an Finger- und Fußnägeln sichtbar.

Uwe Kirschner führt eine Hautarztpraxis in Mainz. Damit ist er gleichzeitig Spezialist für Erkrankungen, die auch die Fingernägel betreffen. Und er ist die Anlaufstelle für viele Patienten, die sich um ihre Gesundheit sorgen – nur weil sie schlechte Nägel haben. Viele machen sich dabei zu Unrecht Sorgen. So hält sich hartnäckig der Mythos, dass weiße Flecken auf dem Fingernagel ein Symptom für Kalziummangel seien. Gerade bei Kalzium habe sich aber in Studien gezeigt, dass es gar keinen Einfluss auf das Erscheinungsbild des Nagels habe, sagt Kirschner. „Weiße Flecken auf dem Fingernagel sind überhaupt gar kein Mangelzeichen, sondern harmlose kleine Lufteinschlüsse. Sie entstehen durch mechanische Belastungen – wie zum Beispiel einen Stoß auf die Nagelmatrix, die hornbildende Schicht im Nagelbett.‟ Ebenso seien die typischen Längsrillen, die sich bei vielen Menschen auf den Nägeln zeigen, kein Zeichen für Mangelsymptome oder Erkrankungen.

Und doch spielen die Fingernägel bei Kirschners Diagnosen oft genug eine Rolle: „Bei einigen körperlichen Erscheinungen schaue ich mir ganz bewusst die Nägel an‟, sagt der Dermatologe. So können extrem trockene, spröde und brüchige Nägel auf eine Stoffwechselstörung hindeuten. Und zwar vor allem dann, wenn noch weitere Symptome hinzukommen – brüchige Nägel allein sind nicht unbedingt bedenklich. Bei einer Erkrankung der Schilddrüse etwa, haben die Patienten in der Regel nicht nur schlechte und instabile Nägel, sondern typischerweise auch fade Haut und Haare oder Haarausfall, oder sie schwitzen sehr stark. „Die veränderten Fingernägel sind dann ein wichtiges Indiz von vielen‟, sagt Kirschner. „Deshalb ist es wichtig, sich immer auch den ganzen Patienten anzuschauen.‟ Bei einem Verdacht auf eine Schilddrüsenerkrankung überweist er die Patienten an einen Kollegen für innere Medizin weiter. Auch bei Patienten mit der Schuppenflechte, einer entzündlichen Hautkrankheit, die sich im Körper ausbreiten kann, wirft Kirschner einen prüfenden Blick auf die Finger. „Haben Patienten mit Schuppenflechte sehr schlechte Fingernägel, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Krankheit als nächstes die Gelenke befallen wird. Dann sollte man vorsorglich einen Rheumatologen hinzuziehen‟, sagt Kirschner.

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Die häufigsten Ursachen für Nagelschäden sind laut Kirschner trotz allem aber nicht Krankheiten oder Mangel, sondern Umwelteinflüsse. So kleben sich viele Frauen künstliche Gelnägel auf – gerade dann, wenn die eigenen nicht sehr schön sind. Der Versuch, den Makel zu kaschieren, mache aber meist alles nur noch schlimmer: „Es kommt keine Luft an den Nagel, er wird anfällig für Infektionen, und beim Ablösen der Gelnägel kann es zu Verletzungen kommen.‟

Auch Spüli und Seife setzen den Händen langfristig zu, genau wie Handwerken oder die Arbeit im Garten. Handschuhe bieten oftmals Schutz – wobei Hygienehandschuhe aus Plastik wiederum schlecht für die Nägel sind, wenn sie den ganzen Tag getragen werden. Richtig sei zudem, dass man das Erscheinungsbild der Nägel langfristig durch die Einnahme von Biotin etwas verbessern könne. „Dafür braucht es allerdings einige Monate Geduld, weil die Nägel so langsam wachsen. Die Stärke und Schönheit der Nägel ist aber genau wie tolles Haar auch zum Teil genetisch bedingt, und nur bedingt beeinflussbar‟, sagt Kirschner. Schlechte Nägel allein seien also nicht schön, in den meisten Fällen aber dennoch kein Grund zur Beunruhigung. Mit einer Ausnahme – bei einem dunklen Fleck unter dem Nagel oder schwarzen Streifen kann es sich um Hautkrebs handeln. „Das sollte man dann unbedingt vom Arzt abklären lassen.‟

Text:Irene Habich
Fotos: Bildagentur Zoonar (Manfred Bruttel, Timbrk, Hanke, Voyagerix)

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