Flusskiesel erzählen ihre Geschichten

Flusskiesel erzählen ihre Geschichten

Kies wird tonnenweise für Beton oder für die Gartengestaltung aus dem Boden oder aus Flüssen gebaggert. Bei näherer Betrachtung sind die schönen Strukturen ausgewählter Einzelstücke sichtbar.

Da liegt so ein scheinbar unbedeutendes Stück Stein am Ufer eines Flusses und sollte dem Finder nur als Wurfgeschoss ins Wasser dienen. Beim Aufheben sieht dieser aber die schöne Zeichnung und wird stutzig. Das flach abgeschliffene runde Objekt ist ja viel zu schade zum Wegwerfen. Mit den weißen Einsprenglingen wirkt dieser Stein durchaus kostbar. Allerdings liegen da unzählige andere schöne “Edelsteine” am Ufer, so dass der Wert eher niedrig anzusetzen ist. Wie in vielen Bereichen des Warenhandels macht den Wert oft auch die Verfügbarkeit aus. Während ein einziger kleiner Meteorit aus dem All mit 200 000.-- € angesetzt wird, sind wunderschöne Kieselsteine kostenlos zu bekommen.

Gewaltsam mitgenommen

Das ist bedauerlich, denn ich Wirklichkeit haben alle Kieselsteine einen weiten Weg und eine langwierige Bearbeitung hinter sich. Genauer gesagt hat jeder Stein seine eigene Strecke zurückgelegt, bis er an der Fundstelle ans Ufer geschwemmt wurde - je nachdem von welchen Flüssen er bislang befördert wurde. Der Ursprung und das Herkunftsgebiet lässt sich recht genau bestimmen. So sind rein weiße Steine offensichtlich Kalksteine. Sie stammen aus einem Gebirge mit Sedimentgestein. Solche Kiesel kommen in einem süddeutschen Fluss vor oder einem Fluss dessen Quelle in den Alpen entspringt beispielsweise aus dem Hochgebirge mit Jurafelsen. Sie waren am Anfang - sozusagen vor ihrer aufwändigen Bearbeitung - kleine Felsbrocken, die bei einem Bergrutsch oder durch Eis abgesprengt ins Flussbett gelangten und bei ihrer langen Reise vom Wasser rund geschliffen wurden.

Vielfalt je nach Quelle und Nebenflüssen

Der bekannte bunte Rheinkies besteht aus vielen verschiedenen Kieselarten. Am Fundort im Rheingraben sind Steine aus verschiedenen Herkunftsgebieten zusammengetroffen. Sie werden dann vom Flussbagger oder aus einer Kiesgrube neben dem Flussbett gefördert. Der bunte Rheinkies setzt sich aus Kieseln zusammen, die schon vor Jahrtausenden angeschwemmt und abgelagert wurden. Heute, wo die großen schiffbaren Flüsse durch Kraftwerke und Schleusen unterbrochen sind, erreichen nur noch kleine Kiesel und der Flusssand den Unterlauf. Der grobe Kies wird vor den Staustufen ausgebaggert. Nur in unverbauten Flusstälern etwa in den Alpen reißt das Wasser nach wie vor Felsen mit zu Tal, schleift sie rund und lagert sie im Flussbett ab.

Schiefer, Quarz und Klimmer

Während aus den Alpen viele helle oder weiße Steine stammen, liegen in den Flüssen der Mittelgebirge vorwiegend dunkle Kiesel. So ragen aus dem Bett des Regenflusses im Bayerischen Wald große dunkelgraue Findlinge, die von der Ferne fast wie Nilpferde aussehen.

Sie stammen aus den Granitbergen, was bei näherer Betrachtung sichtbar wird. Granit setzt sich aus einigen Mineralien zusammen, die in einem Schulsatz leicht merkbar zusammengefasst sind. “Schiefer, Quarz und Klimmer, euch vergess ich nimmer.” Granit kommt allerdings auch in anderen Gebirgen oder in Regionen der Alpen vor, so dass in alpinen Flüssen neben weißen Kalkkieseln ebenso graue Granitsteine zu finden sind. Was sich sonst noch alles im Fluss tummelt, ist mit Bestimmungsbüchern oder geologischen Karten herauszufinden. Der Rhein fließt zum Beispiel durch Gebirge mit Kalk, Quarzit, Kreide, Jura, Dolomit, Schiefer, Granit und anderen Gesteinsschichtungen. Zudem wird er von Flüssen versorgt, die noch Kiesel und Material aus weiteren Gesteinsarten mitführen. Darunter sind auch Erstarrungsgesteine aus Vulkanen, wie Basalt, Porphyr und kristalline Schiefer.

Weißer Isarkies

Jeder Fluss hat seine Eigenarten. Das gilt nicht nur für sein Wasser, sondern auch für seine Kiesel, die er befördert. Sichtbar wird das typische Flussbett bei Niedrigwasser am Ufer oder bei Baggerarbeiten zum Freihalten der Fahrrinne bzw. in Flussnähe in Baggerseen. So zeichnet sich etwa die Isar durch weiße oder grünliche Steine ab, die Mosel ist durch den typischen Schiefer eher von dunklem Kies geprägt, ebenso der Regenfluss, während viele kleine Flüsse in einem Bett aus Sand, Schlick und anderen feinen Bestandteile fließen. Sie haben nicht das Gefälle, um wie Gebirgsbäche harte Felsen zu brechen oder mitzureißen.

Kiesel sammeln

Kiesel sind aus verschiedenen Regionen in Säcke abgepackt in Baumärkten oder tonnenweise von Baustoffhandlungen zu bekommen. Wer will kann sich etwa für seinen Gartenteich oder für ein Kiesbeet, einen Kieselweg oder andere Gestaltungselemente nach Belieben Material aus allen Abbau- und Fördergebieten beschaffen oder liefern lassen. Das hat natürlich seinen Preis, zumal die Transportkosten zu Buche schlagen. Es lohnt sich für solche Projekte heimischen Kies zu nutzen. In Gesteinsammlungen dürfen dagegen gerne Exponate aus Flüssen und Seen aller bereisten Länder aufgenommen werden.

Hinweis: Manche Einzelstücke können auch echte Halb-Edelsteine sein. Unter die Granite, Quarzite, Basaltsteine und andere Arten mischen sich auch Quarze, die beim Abrieb im Flussbeet freigeschliffen werden. Die schönen Strukturen in anderen Einzelstücken bewirken Einlagerung aus verschiedenen Mineralien, die solchen Steinen eine eigene Zeichnung geben. Oft sind auch metallische Bestandteile zu finden.

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Fotos und Text: Peter Himmelhuber

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