Nocken, Spannen, Schuss!

Berittenes Bogenschiessen begeistert Jung und Alt
Nocken, Spannen, Schuss!

In geregeltem Galopp umrundet der Reiter die Bahn. In den Händen hält er nicht etwa die Zügel, sondern einen archaisch anmutenden Bogen und drei Pfeile. Während die Zügel auf dem Hals seines Pferdes liegen, spannt der Reiter den Bogen, visiert kurz an und schießt. Treffer! Der Pfeil hat sein Ziel, eine viereckige geflochtene Scheibe in der Mitte der Reitbahn, sicher erreicht. Stolz lächelnd pariert der Reiter durch. Die faszinierende Sportart „Berittenes Bogenschießen“ hat einen neuen Fan gewonnen.

Berittenes Bogenschießen – das klingt erst einmal recht martialisch, nach Kampfsport eben. Es klingt nach echten Männern, die ihren Traum von Freiheit und Abenteuer irgendwo zwischen Wanne-Eickel und Velbert verwirklichen wollen, es klingt auch ein wenig abgehoben-elitär. So nähert sich der zwar pferdeerfahrene, aber – noch – nicht bogenschießende Laie dieser Sportart vermutlich eher mit einer kritischen, abwartenden Grundhaltung.
Das Berittene Bogenschießen ist im Grunde tatsächlich eine Kampfkunst, allerdings mit gewissen Einschränkungen. Während andere, traditionelle Kampfsportarten ausschließlich der Verteidigung, dem Schutz oder dem Angriff bei zwischenmenschlichen Auseinandersetzungen dienten und dienen, waren Pfeil und Bogen immer schon auch ein Mittel, Jagdbeute zu erlegen. Und: Berittenes Bogenschießen hatte und hat in manchen Kulturen eine überwiegend religiöse Bedeutung oder wird als Mittel zur Entwicklung der Persönlichkeit, zur Unterstützung bei bestimmten Formen der Meditation genutzt. So leitet sich diese Sportart in ihrer heute praktizierten Form nicht ausschließlich aus der Kampfkunst der Reitervölker her, Berührungsängste mit dieser doch sehr speziellen Disziplin des Reitsports sind deshalb unangebracht, in der Praxis kommt das Berittene Bogenschießen ganz und gar nicht martialisch daher und wird von der Mehrzahl der Anhänger hierzulande folgerichtig als reine Freizeitbeschäftigung angesehen.
Das Berittene Bogenschießen hat eine jahrhundertealte Tradition bei verschiedenen Reitervölkern, etwa bei den Mongolen, den Osmanen oder im Gebiet des heutigen Ungarn. Hierzulande erfuhr diese lange vergessene Kunst eine überraschende Renaissance, eingeleitet in den 1980ern durch den Ungarn Lajos Kassai, der die uralten Traditionen dieser Kampfkunst wiederbelebte, sie aber auch als neue Wettkampfform bekannt machte. Inzwischen hat das Berittene Bogenschießen viele Anhänger weltweit, die ihrem besonderen Sport mit großer Begeisterung nachgehen. Für manche steht der Wettkampf im Vordergrund, für andere spielt die Pflege die Traditionen ihrer Vorfahren die wichtigste Rolle. So einen Kurse, Treffen oder national und international ausgetragene Wettkämpfe ein buntes Völkchen reitender Bogenschützen aus vielen Ländern, beritten mit Pferden unterschiedlicher Rassen, in der Tradition vieler verschiedener Reitweisen, mal im legeren Freizeitdress, mal aufwändig ausgestattet mit traditioneller Gewandung und historisch exakt nach gebauter Ausrüstung.

Man unterscheidet verschiedene Wettkampfdisziplinen, die teils neu entwickelt, teils aber aus tradierten Formen des sportlichen Wettkampfes übernommen wurden. So diente der heute wieder oder immer noch praktizierte koreanische Mogu-Wettkampf, bei dem ein Reiter einen Ball an einer Leine hinter sich her zieht, der von weiteren Reitern in der Bewegung getroffen werden muss, in erster Linie der Verbesserung der Jagdtechnik. Bei der hierzulande bekanntesten Wettkampfform durchmisst der Reiter im Galopp mehrmals eine 90 m lange Bahn und gibt drei Schüsse auf drei seitlich stehende Scheiben ab.

Wer das Berittene Bogenschießen von der Pike auf lernen will, kommt um eine intensive Auseinandersetzung mit den theoretischen Aspekten dieser besonderen Sportart nicht herum, in die man sich am besten im Rahmen eines Lehrgangs einführen lässt. Dabei werden nicht nur die praktischen Abläufe geübt, sondern es gehört eine intensiven Einführung in die Traditionen des Bogenschießens, in Materialkunde und Hintergründe dazu. Wie sehen Reiterbögen aus, wie sind sie gefertigt, welche Unterschiede gibt es und wie finde ich den für mich passenden Bogen? Wie sieht der Ablauf eines Schusses im Detail aus und welche Folgen haben Fehler, die dem Schützen unterlaufen können? Was beim Könner spielerisch leicht aussieht, erfordert ein hohe Maß an Konzentration und Körperbeherrschung, ganz zu schweigen von einer ausgefeilten Technik, die sich nur durch lange Übung aneignen lässt.
Der Pfeil muss blind angelegt, die Sehne korrekt gespannt werden – und das auf einem galoppierenden Pferd! Da kommt es auf jede Einzelheit an, etwa darauf, die Sehne punktgenau in die kleine Vertiefung am hinteren Ende des Pfeils zu positionieren (zu nocken), sie dann mit einem Finger über und zwei Finger unter dem Pfeil zu spannen und beim Spannen den Ellbogen des Bogenarms schön ein wenig nach außen zu drehen, damit er nicht schmerzhaft mit der schnalzenden Sehne Bekanntschaft macht – was böse blaue Flecken gibt. Der Bewegungsablauf muss dem Schützen in Fleisch und Blut übergehen, schließlich muss er gleichzeitig sein Pferd freihändig steuern und das Ziel im Auge behalten – es, wenn möglich, auch treffen!

Neben wichtigen Hintergrundinformationen spielt naturgemäß auch das Thema Sicherheit eine zentrale. Denn: Geschossen wird immerhin mit spitzen Pfeilen, die erhebliche Verletzungen verursachen können. Alle Teilnehmer bleiben immer hinter einer gedachten Linie, geschossen wird nur in Abstimmung miteinander und auf Anweisung und die Pfeile werden auch nur gemeinsam und nach eindeutiger Aufforderung aus der Scheibe gezogen – trotz der für diese Kurse typisch lockeren, entspannten Atmosphäre wird der Sicherheitsaspekt nie vernachlässigt.
Zur theoretischen Einführung kommen spezielle Aufwärmübungen hinzu. Recht schnell darf dann, zunächst vom Boden aus, auch scharf geschossen werden. Jeder Bogenschütze benötigt einen Bogen, der von der Größe und dem Zug – je nach Konstitution des Schützen ist die Sehne mit einer genau tarierten Spannung zwischen etwa 28 und 35 Pfund ausgestattet – genau passt. Und dann geht es an die ersten Schüsse auf geflochtene Scheiben, die in der Reitbahn platziert werden. Spätestens jetzt verfiegen letzte Bedenken, ob man sich denn so ganz vorbehaltlos einer Kampfkunst, gar einer Kampfsportart verschreiben möchte. Bogen und Pfeil in der Hand, das Ziel fest im Blick, verspürte der Neuling sofort die Faszination dieser so besonderen Sportart – der ganz eigenen Mischung aus Konzentration und Spaß, dynamischer Anspannung und lockerer Atmosphäre kann man sich einfach nicht entziehen. Auch wenn dies wieder ungewollt kriegerisch klingt: Man leckt eben schnell Blut!

Es stellen sich überraschend schnell kleine Erfolge ein, das Ziel wird bald nicht mehr zufällig ab und an, sondern recht zuverlässig getroffen, die Scheiben können nach kurzer Zeit in größerer Entfernung aufgestellt werden. Bald können erste, schwierigere Übungen eingebaut werden. Im Wettkampf ist es das Ziel, bei jedem Durchgang drei Pfeile auf drei verschieden positionierte Scheiben zu schießen. Damit dies gelingen kann, muss der Reiter seine eigene Körperhaltung in Relation zur Scheibe flexibel anpassen können. Um dies zu üben, werden immer gleich drei Pfeile in schneller Folge abgegeben: Einmal frontal zur Scheibe stehend, einmal seitlich, einmal mit dem Rücken zur Scheibe, den Oberkörper aus der Hüfte drehend – gar nicht so einfach. Weitere Übungen machen dem Zuschauer vermutlich noch mehr Spaß als dem Bogenschützen-Neuling: Nocken (Einfädeln des Pfeilendes auf die Sehne), Spannen und Schießen, während man rhythmisch auf einem Trampolin hüpft oder in Verbindung mit Kniebeugen, um die Galoppbewegungen des Pferdes zu simulieren – aber wann geht es endlich aufs Pferd?

Die zukünftigen Bogenschützen-Reitpferde müssen zuvor ebenfalls dazulernen: Zwar dienen sie „nur“ als reitbarer Untersatz und haben mit dem komplizierten Bewegungsablauf des Bogenschießens selbst zum Glück nichts zu tun, doch auch sie müssen sich zunächst an die ungewohnten Geräusche und eigenartigen Bewegungen ihrer Reiter im Sattel gewöhnen. Das wird erst einmal im Schritt geübt, während die Reiter ihre Pferde mit den Bögen berühren, ab und an die Sehnen spannen und sie schnalzen lassen, den Bewegungsablauf als „Trockenübung“ durchführen. Meist finden alle Pferde ihre neue Aufgabe zwar erst einmal etwas befremdlich, aber nicht uninteressant. Bald kann im Schritt und nach kurzer Zeit sogar einzeln im Galopp geschossen werden, bis die Scheiben mit schöner Regelmäßigkeit getroffen werden. Auch die Pferde wissen schnell, was von ihnen erwartet wird und umrunden konzentriert auch ohne jede Zügeleinwirkung die Reitbahn, lassen sich vom ungewohnten Gehampel im Sattel, den eigenartigen Geräuschen nicht irritieren. So wird die Einführung in eine neue Sportart auch zur Nagelprobe für ein harmonisches Verhältnis zwischen Pferd und Reiter – ein schöner Nebeneffekt!

Man wird sich wieder sehen: Zum nächsten Kurs, dann vielleicht schon mit eigenem Bogen, zum nächsten Turnier – als Zuschauer oder schon als Teilnehmer?

Text & Fotos: Angelika Schmelzer


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