Das Kutschenmuseum in Hinterstein

Eintauchen in eine andere Welt
Zum Kutschenmuseum in Hinterstein

Eintauchen in eine andere Welt



Während eines Allgäu Urlaubs bringt uns nach einigen heißen Tagen ein Wetterumschwung Regen und kühle Luft. An solchen Tagen genießt man die wohltuende Abkühlung und nimmt sich meist nichts Besonderes vor. So auch wir. Als wir überlegten, was wir am nächsten Tag dennoch machen könnten, geben uns unsere Gastgeber einen Tipp. „Das Kutschenmuseum in Hinterstein wäre wunderschön und sehenswert und man ist von Hindelang aus in 15 Minuten dort“, meinten sie.

Obwohl Petrus am nächsten Morgen alle Schleusen geöffnet hatte, machten wir uns auf den Weg. In Hinterstein angekommen, waren wir – den Wegweisern folgend – schon bald beim Museum, das etwas Abseits der Ortschaft stand. Doch was heißt hier Museum! Wir sahen eigentlich nur einen mit Kletterpflanzen bewachsenen unscheinbaren Holzstadel, der unweit des reißenden Bergbaches Ostrach stand. Im Garten rundherum waren verschiedene interessante Skulpturen sowie die unterschiedlichsten Windspiele in allen Größen zu finden. Eigentlich waren wir jetzt etwas enttäuscht, da wir mehr erwartet hatten. Mitten in der Natur eine Scheune – und das soll das besagte Kutschenmuseum sein! Zweifel wurden bei uns laut, gleichzeitig aber auch die Neugierde geweckt. Was würde wohl in der Scheune zu sehen sein!

Märchenhafte Szenen

Als wir dann endlich in den Schupfen eintraten, glaubten wir plötzlich in einer anderen Welt zu sein. Ein nicht zu definierender und betörender Duft lag in der Luft und von irgendwo her kamen leise einschmeichelnde, sphärische Klänge. Es schien, als befänden wir uns in einer surrealistischen Traumwelt. Vor uns taten sich märchenhafte Szenen auf.

Der Stadel ist in mehrere kleine Abteilungen aufgeteilt, die miteinander verbunden sind. An deren Wänden befinden sich viele Spiegel. Sich drehende Glaskugeln an der Decke verbreiteten jeweils ein irisierendes Zauberlicht, wobei es aber in den verschiedenen Räumen immer diffus bleibt. Ausgestellt sind die unterschiedlichsten Schlitten und Kutschen mit lebensgroßen bekleideten Schaufensterpuppen. Geschmückt sind die jeweilige Szenerien mit den unterschiedlichsten präparierten Tieren, wie Wolf, Fuchs oder Bär. Selbst ein ausgewachsenes Pferd ist zu sehen.
Auch Äste und Steine wurden als Beiwerk verwendet. Künstlicher Schnee macht die jeweilige Szenerie noch unwirklicher. So ist das, was nur als Kutschenmuseum geplant war, zu einem Gesamtkunstwerk herangewachsen.

Oase der Ruhe

Auf mehreren Schildern werden die Besucher gebeten, im Museum nicht zu sprechen, um die vorhandene Atmosphäre auf sich einwirken lassen zu können. So wird man auf eine andere Welt vorbereitet, in der man für einige Momente die Hektik des Alltags vergessen kann. Als wir dieses in seiner Art einzigartiges Museum wieder verließen, waren wir von der seltsamen Atmosphäre, die darin herrschte immer noch angetan. Schweigend, konnten wir beobachten, dass es auch den anderen Museumsbesuchern so erging. So waren wir letztendlich froh, dass uns der Regen zu dieser Oase der Ruhe hergeführt hat.

Von Martin Weber erbaut und finanziert

Erbauer dieses Museums ist der in Hinterstein geborene Maler- und Lackierermeister Martin Weber, der auch Philosophie und Theologie studierte. In ganz Bayern hat er seine prachtvollen Ausstellungsstücke zusammengetragen. Diese waren allerdings nicht immer so prachtvoll, wie sie der Besucher jetzt bestaunen kann. In mühevoller und aufwendiger Kleinstarbeit musste er die meisten Kutschen und Schlitten restaurieren. Zu seinen wertvollsten und prächtigsten Stücken gehört ein Leichenwagen , der aus Böhmen-Mähren kommt. Die meiste für das Museum benötigte Elektrizität liefert eine Photovoltaik Anlage. Der Rest, den die Anlage nicht herbeischaffen kann, kommt von der nahen Ortschaft Hinterstein, zu der Martin Weber eigenhändig ein Stromkabel verlegen musste. Sämtliche Ausstellungsstücke sowie die gesamte Anlage drum herum hat er aus eigenen Mitteln finanziert. Das Museum ist täglich von 8°° bis 20°° Uhr geöffnet
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Text & Fotos: Walter J. Pilsak

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