Strukturen finden sich überall

Strukturen finden sich überall

Für Maler und Fotografen besonders interessant



Als Struktur bezeichnet man den Aufbau, das Gefüge und die Gliederung eines Ganzen, dessen Teile in räumlicher Beziehung zueinander stehen. Den Begriff Struktur gibt es zwar auch in der Psychologie, in der Chemie und in der Mathematik – doch von diesen soll hier nicht die Rede sein. Unsere Strukturen finden wir draußen in der Natur oder in und um unseren Wohnungen.

Das Draußen und Drinnen ist nämlich voll von Strukturen und Formen. Überall wo wir hinblicken, entdecken wir sie. Sei es draußen in Wald und Flur, im eigenen Garten oder gar in der Wohnung. Für manche sind Strukturen aus Linien und Flächen ein wahres Augenerlebnis. Dies gilt besonders für Maler und Fotografen, die beim Anblick einer strukturierten Landschaft schier ins schwärmen kommen.

Flächen und Linien

Strukturen sind meist das Zusammenwirken von kleinen Erhöhungen und Vertiefungen. Besonders schön erkennen wir sie allerdings erst, wenn Sonnenlicht parallel zur Struktur verläuft, so dass Erhöhungen beleuchtet werden und gleichzeitig die Vertiefungen im Schatten liegen.

Strukturen können aus Flächen und Linien oder nur aus einem dieser beiden bestehen. Dr.Walter Boje schrieb in seinem großen Fotobuch über Linien folgendes: Gerade Linien haben eindeutigen Richtungscharakter. Sie durchstoßen die Bildflächen und teilen sie. Gekurvte Linien wirken eher flächenverbindend und haben etwas Schwingendes an sich. Gezackte Linien dagegen wirken erregend. Die Senkrechte spricht kraftvoll, männlich, stark auf uns ein, sie strebt aufwärts. Die Waagerechte wirkt beruhigend, ruhend, weiblich. Die Diagonale hat besonders ausgeprägten Richtungscharakter. Verbindet sie die linke untere Ecke mit der rechten oberen, so weist sie nach oben, steigt also auf und ist positiv geladen, während wir die andere Diagonale als absteigend, als negativ geladen empfinden. Laufen viele Linien in verschiedene Richtungen, so wird der Blick hin- und hergerissen. Es entsteht in uns das Gefühl der Unruhe, im extremen Fall das des Durcheinanders.

Strukturen der Jahreszeiten

Nun, der Verfasser hat zwar die Empfindungen beschrieben, welche wir beim Betrachten eines Bildes haben, doch gilt dies meist auch draußen in der Natur, wenn wir die Landschaft sozusagen als Bild vor uns sehen! Am offensichtlichsten sehen wir Strukturen im Frühling oder Herbst auf unseren Feldern und Fluren. Das schräg einfallende Sonnenlicht modelliert die gleichmäßig gezogenen Furchen der Kartoffelfelder, auf denen noch kein Kraut wächst. Das gleiche gilt für die Ackerschollen, die vom Licht der tiefstehenden Sonne modelliert werden. Auch hier ist eine bestimmte, wenn auch unregelmäßige Struktur zu erkennen.

Eine von Menschenhand erzeugte Struktur entsteht auch, wenn der Landwirt sein Heu auf der Wiese zusammen rechnet.

Wird auf eine abgemähten Wiesen oder die abgeernteten Felder Jauche ausgefahren, entsteht oft auch ein interessantes Muster. Dies ist auf den Bergwiesen besonders reizvoll anzusehen. Oder haben Sie schon mal eine frisch gemähte Wiese gesehen, auf der gerade der in Massen wachsende Löwenzahn verblüht war? Die unzähligen Blütenstände der Pusteblume geben dem ganzen ein Aussehen, als hätte es geschneit. Um dies zu sehen, braucht man nicht einmal viel Fantasie! Von weitem gesehen ergibt sich auch hier eine Art Struktur.

Voll von Strukturen sind im Spätsommer die abgeernteten Felder. Die Stängel auf den abgeernteten Rapsfeldern ragen wie skurrile Gebilde in die Höhe. Als Gesamtbild betrachtet, entstehen auch hier wieder Strukturen. Das was die warmen Jahreszeiten können, lässt sich auch der Winter nicht nehmen. Der erste Schnee oder Schneeverwehungen zaubern nicht selten markante Strukturen in die Landschaft.

Auch das Kleine ist strukturiert

Es muss nicht immer das Grosse und Auffällige sein, das uns mit schönen Strukturen beschert. Das scheinbar unauffällige und Kleine kann ebenso damit aufwarten. Betrachtet man z.B. eine Doldenblüte etwas genauer, könnte man darin ein Spitzendeckchen erkennen. Jedes Muster wiederholt sich auch hier immer wieder.

Betrachten wir einmal ein totes Stück Holz entweder an einem Baumstumpf oder an einer Scheune wo es sich uns als silbergrau verwitterte Bretter zeigt. Wie wunderschön ist es doch! Es zeigt sich uns eine erstaunliche Vielfalt an Farben und Strukturen. Wenn die tiefstehende Sonne es beleuchtet, kommen die Linien der ehemaligen Baumringe so richtig zur Geltung.

Strukturen finden wir immer und überall. Ob draußen in der Natur auf unseren Feldern und Fluren, an Felsen und Steinen, Baumrinde und Laub. Aber auch der Himmel zeigt sie uns bei bestimmten Wolkenformationen. Selbst in unserem Siedlungsraum gibt es sie überall wie etwa an Häusern, Wänden, Mauern oder Zäunen. Man muss nur einen Blick dafür haben und sie sehen!

Literatur:
Das große Hobby-Fotobuch, Band 24, Stuttgart 1970
Feininger, Farbfotolehre, München


Text und Fotos: Walter J. Pilsak

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