Heil- und Duftpflanzen rund um Haus und Garten

Heil- und Duftpflanzen rund um Haus und Garten

Vom Zipperleinskraut bis zum Luststöckel

Wenn die tristen und farblosen Monate vorüber sind und Draußen wieder alles ergrünt und blüht, zieht es auch den letzten Stubenhocker hinaus in die Natur. Überall blühen farbenprächtige Blüten und Kräuter und es duftet in den unterschiedlichsten Nuancen. Aber nicht nur die aufdringlich erscheinenden Blüten mit ihren grellen Farben sind es wert, betrachtet zu werden. Auch die unscheinbaren Kräuter sollte man sich einmal näher betrachten. Viele von ihnen haben heilende Inhaltstoffe oder Duftstoffe und lassen sich als Heilkräuter, Gewürz oder Salat und Spinat verwenden und verarbeiten.

Eine dieser Pflanzen ist der Giersch (Aegopodium podagraria), den man auch Dreiblatt und Ziegenfuß nennt. Für die meisten ist dieser ein lästiges Unkraut, das keinen Wert hat sondern den Gartenbesitzern nur Ärger bringt. Im Volksmund bezeichnet man ihn auch als Zipperleinskraut und Ziegenfuß. In der Tat ist dieses Kraut unverwüstlich. Viele Gartenbesitzer können davon erzählen. Wer es einmal im Garten hat, bringt es kaum mehr heraus – bestenfalls lässt es sich etwas zurückdrängen. Dieser Tatsache lässt sich jedoch auch etwas gutes abgewinnen. Der Giersch wurde als Heilkraut jahrhundertelang in der Heilkunde gegen Gicht und Rheuma angewandt. Deshalb auch seine volkstümlichen Namen Zipperleinskraut und Podagrakraut. Seine Blätter können zu einem wohlschmeckenden Salat und Wildgemüse zubereitet werden, der im Geschmack und Geruch an Petersilie und Spinat erinnert. Wer Giersch in der Küche verwenden will, sollte unbedingt darauf achten, dass er nicht mit ähnlich aussehenden giftigen Pflanzen verwechselt wird. Ein sicheres Merkmal vom Giersch ist der dreieckige Querschnitt des Blattstiels, den die giftigen Doppelgänger Schierling und Riesen-Bärenklau nicht haben.

Fußabdruck des weißen Mannes

Unscheinbar und doch überall präsent ist der Breitwegerich (Plantago maior). Man findet diese markante Pflanze vor allem auf vielbegangenen Stellen, wie Plätzen oder Wegen. Sie liebt verdichtete Böden, wo andere Pflanzen kaum mehr gedeihen. Der Breitwegerich war ursprünglich nur in Europa zuhause, kommt aber mittlerweile überall vor. Die Indianer nannten ihn „Fußabdruck des weißen Mannes“ da er mit den Trecks der Siedler nach Nordamerika kam. Großer Wegerich, Großer Wegebreit, Breitblättriger Wegerich sind seine volkstümlichen Bezeichnungen bei uns. Als Heilpflanze wurde er früher nicht nur gegen Zahnschmerzen verwendet. Auch bei Magen-Darmerkrankungen, Atemwegskatarrh und Insektenstiche verwendete man ihn.

Maggikraut

Viele kennen das Liebstöckel (Levisticum officinale) nur als „Maggikraut“.

Andere volkstümliche Bezeichnungen dieses Doldenblütlers sind auch Lübstock, Gichtstock, Liebesröhre, Liebstengel, Levestock, Luststöckel, Nervenkräutel, Badkraut, Gebärmutterkraut, Saukraut und Wasserkräutel. Seine zahlreichen Bezeichnungen zeigen uns, dass die Pflanze nicht nur früher sondern auch heute noch viel verwendet wird. Charakteristisch für das Liebstöckel ist sein Geruch und Geschmack, der dem der Maggiwürze ähnelt. Diese enthält jedoch kein Liebstöckel. Das Liebstöckel stammt aus dem nahen oder mittleren Osten. Obwohl Liebstöckel auch eine Heilpflanze ist, werden bei uns meist nur die Blätter in der Küche als Suppenwürze verwendet. In der Pflanzenheilkunde dienten Wurzel und Samen der Pflanze vor allem zur Verdauungsregelung. Auch zur Geburtshilfe und als Aphrodisiakum fand sie Verwendung. Wer diese mehrjährige Pflanze in seinem Garten hat, kann seinen Bedarf das ganze Jahr daraus abdecken. Vorsichtig sollten nur schwangere Frauen sein, die das Liebstöckel nicht verwenden sollten.

Zur Unterdrückung sinnlicher Triebe....

... empfahl Hildegard von Bingen den Dill. Für diesen Zweck wird ihn heute wohl kaum jemand verwenden. Und der Botaniker und Mediziner Jacobus Theodorus Tabernaemontanus riet im Mittelalter denjenigen, die Kinder zeugen wollten, vom Genuss des Dills ab, da er potenzmindernd wirken soll. Andererseits gab es auch den Aberglauben, dass Dill als Badezusatz unwiderstehlich macht. Heute kennen ihn die meisten nur als Gurkengewürz. Die ätherischen Öle des Dills wirken aber auch appetitanregend, verdauungsfördernd, krampflösend und nervenberuhigend. Der Dill (Anethum graveolens) hat, wie die meisten anderen Pflanzen auch, im Volksmund noch zahlreiche andere Bezeichnungen, wie etwa Blähkraut, Dillich, Dillfenchel, Gurkenkümmel, Gurkenkraut, Däll, Kapernkraut oder Kümmerlingskraut. Vor fast 2.000 Jahren soll der Doldenblütler nach Mitteleuropa gekommen sein. Für die Raupe des Schwalbenschwanz-Schmetterlings ist der Dill überlebenswichtig, da dieser eine von wenigen Pflanzen ist von der sie sich ernährt.

Kleine Margerite

Es soll Rasenliebhaber geben, die mit der Schere über jedes Gänseblümchen herfallen, das sich anmaßt, den akkurat geschnitten Rasen zu verunzieren. Über ein solches Verhalten kann man geteilter Meinung sein, doch für viele ist eine Rasenfläche, in der dieses weiß leuchtende Blümchen in Massen vorkommt, ein abwechslungsreicher und schöner Anblick. Das Gänseblümchen (Bellis perennis) ist aber auch eine vielseitig verwendbare Heilpflanze. Es enthält Saponine, ätherische Öle, Gerbstoffe und Bitterstoffe. Eingesetzt wurde es unter anderem als blutreinigendes Mittel, bei Leberleiden und auch als Rheumamittel. Blüten, Knospen und die jungen Blätter aus dem inneren der Rosette können auch gegessen werden z.B. im Salat oder auf Butterbrot. Im Volksmund wird das Gänseblümchen Maßliebchen, Tausendschön, Augenblümchen, Mümmeli, Regenblume und kleine Margerite genannt.

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Text und Fotos: Walter J. Pilsak