Pflanzen als Überlebenskünstler

- Pflanzen als Überlebenskünstler -

Pflanzen haben es nicht leicht. Sie wetteifern um Wasser und Licht, müssen sich vor hungrigen Tieren schützen und trotz ihrer Unbeweglichkeit irgendwie die Pollen von Blüte zu Blüte transportieren. Im Laufe der Zeit haben sie sich zu raffinierten Überlebenskünstlern entwickelt.

Blätter sind die Nahrungsmittelfabriken der Pflanzen. Mit ihnen produziert die Pflanze Zucker und Stärke aus den Zutaten Licht, Kohlendioxid, Wasser und Mineralien. Doch auch für viele Tiere sind Blätter ein verlockendes Futter. Daher sind die Pflanzen gezwungen Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Die Blätter der Stechpalme sind scharf gezähnt. Wer hier unachtsam zubeißt kann sich böse verletzen und wird sich künftig sicher nach einer anderen Nahrungsquelle umsehen. Weißdorn und Disteln schrecken ihre Feinde mit spitzen Dornen ab. Die Brennessel ist mit winzigen Haaren überseht, deren Spitzen bei einer Berührung abbrechen und wie eine Spritze in die Haut eindrigen. Dabei dringt ein leichtes Gift in die Haut ein. Taub- und Goldnesseln versuchen von der abschreckenden Wirkung der Brennessel zu profitieren. Sie haben zwar keine "Giftspritzen", sehen der Brennessel aber verblüffend ähnlich.

Die Mimose probiert es mit einer List. Bei der leichtesten Berührung zieht sie ihre Blätter zusammen. Auf einmal ist das Futter optisch verschwunden und die Pflanze erscheint nur noch wenig nahrhaft. Andere Pflanzen haben sich zu regelrechten "Giftmischern" entwickelt. Der Adlerfarn produziert tödliche Blausäure und der Fingerhut Digitalin, ein Gift, das eine hohe pharmazeutische Bedeutung als Herz- und Kreislaufmittel besitzt. Akazien haben sogar gelernt miteinander zu kommunizieren. Sobald eine Akazie häufiger von Tieren angefressen wird, produziert sie ein Gift, das zugleich Äthylen aus den Atemporen der Blätter freisetzt. Andere Akazien im Umkreis von etwa 50 Metern können dieses Gas wahrnehmen und beginnen nun ebenfalls damit das Gift zu produzieren. Auf diese Weise gelingt es den Akazien, einige Freßfeinde ganz aus ihrer Umgebung zu vertreiben.

Doch nicht nur zu ihrer Verteidigung haben die Pflanzen raffinierte Tricks entwickelt. Um ihren Bestand zu sichern, müssen sie Samen und Pollen über weite Strecken transportieren. Als Transportmittel kommt das Fell von Tieren genauso in Frage, wie die Luftpost. Eine besonders unangenehme Methode hat die Klette entwickelt. Mittels kleinster Widerhaken bleibt sie im Fell von Tieren und in unserer Kleidung haften und fährt als "blinder Passagier" eine Weile mit. Einfach und doch genial ist die Transportmethode des Löwenzahns. Jeder Samen der "Pusteblume" besitzt einen eigenen Fallschirm, mit dessen Hilfe er kilometerweit durch die Lüfte segeln kann. Die angenehmste Methode jedoch haben sich Obstbäume einfallen lassen. Ihre Samen sind von einem wohlschmeckenden Fleisch umhüllt, wodurch Vögel und Menschen gleichermaßen veranlasst werden die Früchte mitzunehmen. Damit die Samen erst transportiert werden, wenn sie voll ausgewachsen sind, schmecken die Früchte vorher ungenießbar. Die Bäume zeigen uns sogar optisch, wann wir zulangen dürfen. Sehr gut ist dies bei Kirschen und Pflaumen zu sehen.

Pilze besitzen keine Samen, sondern Sporen. Hierbei handelt es sich um winzig kleine Zellen mit erstaunlichen Eigenschaften. Biologen haben festgestellt daß ein einzelner Pilz bis zu 10 Milliarden Sporen in die Luft schleudert. Die Sporen sind zudem extrem Widerstandsfähig. Sie können Temperaturen von bis zu -60° Grad überstehen und jahrelang auf geeignete Lebensbedingungen warten.

Die erotische Falle der Ragwurz
Für den Transport ihrer Pollen sind viele Pflanzen auf fremde Helfer angewiesen. Hierbei kommt es zwischen den Pflanzen zu einem Wettstreit um die Gunst der tierischen Boten. Mit bunten Farben, Gerüchen und leckerem Nektar versuchen sie Insekten anzulocken. Die Ragwurz, eine heimische Orchidee aus der Familie der Knabenkrautgewächse, ist eine sogenannte "Sexual-Täuschblume". Sie produziert keinen Nektar, sondern täuscht mit ihren Blüten die Hinterteile weiblicher Fliegen (Fliegen-Ragwurz), Hummeln (Hummel-Rag-wurz) oder Bienen (Bienen-Ragwurz) nach. Zur Anlockung der Männchen verströmt sie Duftstoffe, die den Sexuallockstoffen der Weibchen außerordentlich ähnlich sind. Wenn die Männchen daraufhin versuchen, mit der Blüte zu korpulieren, werden sie mit Pollenpaketen eingestäubt. Bei einem weiteren Kopulationsversuch mit einer anderen Blüte, bleiben die Pollen an deren Stempel hängen. Eine fiese, aber wirkungsvolle Falle!


Vorschläge für Bildunterschriften:

Enzian: Gebirgsblumen wie der Enzian haben besonders große Blüten, damit sie von den Insekten entdeckt werden. Mit einer feinen Behaarung schützen sie sich vor der Kälte.

Affenbürste: Ein weiteres Beispiel für einen Gleitsamen wie beim Löwenzahn.

Lotus: Auch einige Pflanzen die unter Wasser leben, brauchen tierische Helfer beim Bestäuben. Lotus und Wasserrosen haben deshalb auffällige Blüten auf der Wasseroberfläche.

Frauenschuh: Orchideen sind besonders raffiniert, wenn es darum geht Boten für ihre Pollen zu "rekrutieren" Die Blüte des Frauenschuhs ist eine Gleitfalle. Die Ränder sind mit einem glatten Ölfilm überzogen. Bienen, die in den Kessel gerutscht sind, müssen sich über eine sehr schmale Seitenöffnung ins freie Zwingen, wobei sie mit Pollen bedeckt werden.

Herbstmotive: Im Herbst ziehen die Bäume das grüne Chlorophyl aus ihren Blätter. Deshalb verfärben sich die Blätter.


Copyright: Michael Krabs
Fotos: Zoonar

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