Treffpunkt Wasserpfütze

- Das bunte Treiben unserer gefiederten Freunde im Vogelschwimmbad -
Treffpunkt Wasserpfütze
- Das bunte Treiben unserer gefiederten Freunde im Vogelschwimmbad -

Nach jedem Regentag treffen sich unsere Singvögel zum Trinken und Baden an Pfützen und mit Wasser gefüllten Pflanzenschalen. Ein faszinierendes Schauspiel für jeden Beobachter.

Jürgen Kosten hat ein merkwürdiges Hobby. Sonntags morgens um 6, wenn andere Menschen noch im warmen Bett schlummern, sitzt er manchmal bereits seit einer Stunde regungslos im Garten und wartet auf Badegäste. Dabei begann alles ganz harmlos. Mit einem gemütlichem Liegestuhl und einer Wasserpfütze...

Es war an einem schönen Frühlings-Sonntagsmorgen, an dem sich Herr und Frau Kosten, beide begeisterte Hobbyfotografen, entschlossen, einfach nur in ihren Stühlen im Garten die ersten wärmenden Sonnenstrahlen zu genießen. In der Nacht zuvor war ein kräftiger Frühlingsregen niedergegangen, der eine flache Pflanzenschale randvoll mit Wasser gefüllt hatte.

Ein Feldsperling beobachtete das Ehepaar eine Zeit lang von einer Birke aus und entschied dann, daß die beiden ruhig sitzenden Menschen keine Gefahr für ihn darstellten. Plötzlich flog er zielstrebig die Schale an und trank vorsichtig etwas Wasser, den Blick immer wieder auf die Zweibeiner im Liegestuhl gerichtet. Nach einer Weile konnte er sich dazu durchringen, ein Bad zu nehmen. Er plantschte so ausgiebig, daß es eine Freude war, ihm dabei zuzusehen.

Nach der gründlichen Gefiederpflege verließ der Sperling die kurzerhand zum Vogelschwimmbad umfunktionierte Pflanzenschale. Kurz darauf besuchte ein Rotkehlchen den Garten. Als nächstes kamen eine Goldammer, ein Zaunkönig und schließlich ein Amselpärchen. An der Pflanzenschale ging es auf einmal zu, wie bei einer 4 x 50 Meter Schwinnstaffel: Der eine rein, der andere raus, der nächste rein.

Es geschah im Liegestuhl...

Schon oft hatte Herr Kosten nach Regenfällen Vögel beobachtet, die in seinem Garten Bodensenken zum Trinken oder Baden aufsuchten. Er schenkte diesen Beobachtungen jedoch keine weitere Aufmerksamkeit. Doch diesmal war alles anders. Das Schlüsselerlebnis der nacheinander zum Bade anfliegenden Singvögel weckte den Ehrgeiz des Naturfotografen in ihm. Immer wieder sah er sich im Garten die plantschenden Vögel an und hatte an den spritzenden Tropfen, dem wohligen Schütteln und dem lustigen Aussehen der "pitschnassen" Vögel so viel Freude, daß ihn der Gedanke an eine Fotodokumentation nicht mehr losließ. Schließlich wurde das Projekt "Badende Singvögel" aus der Taufe gehoben.

Unterstützt von seiner Frau, legte sich Herr Kosten mit Hilfe einer Teichfolie eine Luxus-Badestelle für Vögel im Garten an. Kein müheloses Unterfangen, denn das Wasser mußte häufig von Algen gereinigt und täglich nachgefüllt werden. Die Wasserstelle sollte allen Singvögeln, vom winzig kleinen Zaunkönig bis zum großen Eichelhäher eine Trink- und Bademöglichkeit bieten. Damit die kleineren Besucher nicht sofort in zu tiefe Wasserbereiche gelangen, wurde der Uferbereich sehr flach ausgelegt. Innen gab es dann tiefere Stellen für die größeren Vögel. Nachdem der "Vogelpool" fertiggestellt war, schaffte sich Herr Kosten ein Tarnzelt an und legte sich mit einer Spezialkamera frühmorgens auf die Lauer. Jetzt mußten nur noch die Badegäste kommen!

Ein Pool für die Vogelmodels

Die neue Bademöglichkeit wurde von den gefiederten Freunden schnell entdeckt und angenommen. Fast alle Singvögel freuen sich über die Möglichkeit, ein Bad nehmen zu können. Die Vögel nutzen das frische Wasser, um Schmutzteilchen und unbeliebte Untermieter durch eine kräftige Dusche wegzuschwemmen. Der Badeablauf ist immer derselbe: Zuerst werden durch Eintauchen der Brust ins Wasser die unteren Gefiederpartien befeuchtet. Anschließend wird das Köpfchen ins Wasser getaucht und gleichzeitig Wasser mit den Flügeln auf den Rücken geschleudert. Durch das Aufstellen der Federn gelangt das Wasser auch auf die Haut darunter.

In Ermangelung geeigneter Frotteetücher müssen die nassen Piepmätze hinterher ein geschütztes Plätzchen aufsuchen, wo sie sich das Wasser ungestört und sicher vor Feinden aus dem Gefieder schlagen können. Durch das Aufplustern der Körperfedern entsteht ein Luftstrom, der das Gefieder trocknet und wieder richtig ordnet. Anschließendes Putzen gibt dem Federkleid den letzten Schliff.

Erstaunliche Beobachtungen

Daß die Vögel im Sommer gerne baden, wenn es heiß, und die Anzahl der Plagegeister im Gefieder groß ist, überrascht nicht. Umso erstaunter war Herr Kosten, daß auch im Winter, bei Minustemperaturen, viele Vögel die eisfreie Wasserstelle für ein ausgiebiges Bad nutzten. Wahrscheinlich ist es nicht die Reinigung des Gefieders alleine, welche die Vögel bei eiseskälte in Wasser treibt. Vogelkundler vermuten weitere Gründe für die Plantschfreude unserer Singvögel. So werden die Federn elastischer, wenn sie naß sind. Das Baden könnte also auch dazu dienen, das Federkleid durch Wasser wieder in Form zu bringen. Außerdem verteilt sich das schützende und wärmende Fett besser im Gefieder, wenn es feucht ist. Dies könnte gerade im Winter ein wichtiger Grund für ein Bad sein.

Erstaunlich war auch, daß die Revierkämpfe, die besonders während der Brutzeit im Frühjahr zwischen Vögeln der gleichen Art bestehen, am Vogelbad einem Waffenstillstand zu weichen scheinen. Herr Kosten beobachtete immer wieder verschiedene Exemplare einer Art friedlich nebeneinander. Allerdings nur solange sie sich im nassen Element befanden. Singdrosseln und Amseln zeigten beim Baden die wenigsten Berührungsängste. Höhepunkt war ein abendliches Wasserballett, getanzt von sechs Amseln und vier Singdrosseln, die zusammen anscheinend die Leistungsfähigkeit der Badestelle testen wollten.

Von Haudegen und Dauerplantschern

Wie bei uns Menschen gibt es auch bei den Vögeln ganz unterschiedliche Typen unter den Badegästen. Da sind zum Beispiel die vorsichtigen Besucher wie Rotkehlchen, Zilpzalp, Kernbeißer oder Buchfink. Sie beobachten zuerst von einer höheren Sitzwarte aus minutenlang das Terrain, bevor sie sich langsam und vorsichtig dem beliebten Naß nähern.Auf der anderen Seite gibt es auch ungestüme Draufgänger wie Amsel, Drossel, Kohlmeise oder Goldammer, die aus dem Flug mitten im Wasser landen, sich kurz umschauen, und dann sofort mit der Körperpflege beginnen.

Auffallend war auch, daß die Jungvögel ähnlich den Menschenkindern ungezwungener und sorgloser dem Badevergnügen frönten. Ihnen fehlten vermutlich noch schlechte Erfahrungen mit heranpirschenden Katzen oder Begegnungen mit anderen natürlichen Feinden.

Die meisten Vögel störte es nicht, wenn sie beim Baden Gesellschaft bekamen. Nur der kleinste von ihnen, der Zaunkönig, beanspruchte stets die ganze Bade-stelle für sich allein. Vögel, die versuchten, das Wasser mit ihm zu teilen, verjagte er mit lautem Gezeter. Auch andere Vogelarten zeigten ungewöhnliche Macken beim Baden. Das Rotkehlchen war stets so wachsam, daß es bei der geringsten Bewegung des Kameraobjektivs den Rückzug antrat. Dafür kam es im Juni mit seinem Nachwuchs, ganz so als wenn es seinen Jungen diesen Platz besonders an Herz legen wollte.

Die Goldammern, die im Frühling ein so bescheidenes Lied singen, plantschten so leidenschaftlich und ausdauernd, als wäre jedes Bad das Letzte für lange Zeit. Der Besuch eines Eichelhähers mit einem Jungvogel war ausreichend, das kleine Biotop fast trockenzulegen und der einen Meter entfernt stehenden Blitzausrüstung von Herrn Kosten eine kräftige Dusche zu verpassen.

Mehr Vogelbäder braucht das Land!

Gartenbesitzer und Naturfreunde können sich und den Vögeln einen großen Gefallen tun, wenn sie eine Trink- und Badestelle für unsere gefiederten Freunde einrichten. Dafür reicht manchmal auch schon eine flache Blumenschale. Etwas mehr Aufwand entsteht, wenn Sie einen Miniaturteich in Ihrem Garten anlegen möchten. Dafür brauchen Sie eine Teichfolie, Steine und evtl. ein paar passende Wasserpflanzen.

Wichtig ist, daß das Gewässer nicht zu tief angelegt wird und an den Rändern durch Steine sehr flache Wasserzonen vorhanden sind. Es können ein oder zwei Jahren vergehen, bis das Vogelbad durch das Wachstum der "Randbepflanzung ein schönes Aussehen bekommt. Doch die Geduld lohnt sich. Sie werden erstaunt sein, was Sie plötzlich in ihrem Garten beobachten können! Neben den Singvögeln freuen sich auch andere Tiere wie Igel oder Schmetterlinge über die Wasserquelle. Die schönsten Beobachtungen können mit Hilfe eines Fernglases oder einer leistungsstarken Kamera erzielt werden, wenn man nicht zu nah an die Badestelle herankommt. Dann wagen sich auch die vorsichtigen Badegäste ins kühle Naß. Doch Vorsicht, bei Herrn und Frau Kosten hat es auch so angefangen!


Copyright: Michael Krabs
Fotos: Zoonar

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