Auch Affen müssen das Klettern erst Lernen

Erste Hilfe für die Orang-Utans in Indonesien
Auch Affen müssen das Klettern erst Lernen
von Sabine Wiegand

Bugit Tigahpuluh/ Indonesien. Mit vorgeschobener Unterlippe sitzt die kleine Mona auf dem regennassen Boden. Sie hat keine Lust mehr zu Lernen. Den ganzen Tag wird sie von den Mitarbeitern der Frankfurter Zoologischen Gesellschaft animiert, Bäume hinaufzuklettern. Notfalls werden Leckerbissen in die Astgabeln gesteckt, um das kleine Orang Utan Mädchen zum Training zu bewegen. Es mag seltsam klingen, dass kleine Orang Utan Kinder grundlegende Fähigkeiten, wie das Klettern, erst lernen müssen. Doch Mona und mit ihr noch viele andere junge Affen haben ein schlimmes Schicksal hinter sich; ihre Eltern wurden von Wilderern im Dschungel von Sumatra erschossen. Die Menschen wollen mit den Tieren auf schnellem Wege ein bisschen Geld für ihre Familien verdienen. Auf dem Schwarzmarkt sind die Tiere gefragt.

Die großen Menschenaffen waren ehemals weit verbreitet in Asien. Heute leben nur noch wenige Tiere, beschränkt auf Gebiete in Sumatra und Borneo. Man unterteilt diese beiden Gruppen in zwei Arten; dem Sumatra orangutan (Pongo abelii) und dem Borneo orangutan (Pongo pygmaeus). Sie unterscheiden sich hauptsächlich durch Fellfarbe und Ausprägung der Backenwülste. Beide Arten sind vom Aussterben bedroht, denn ihr Lebensraum schwindet; Wälder werden zur Holzgewinnung oder zur Errichtung landwirtschaftlicher Flächen in großem Ausmaß gerodet. Hinzu kommen die Wilderei und der illegale Handel mit Jungtieren, die als Haustiere gehalten werden.

Die Orang Utan Population hat so keine Chance, sich zu erholen. Denn die Tiere Reproduktionsrate der Tiere ist sehr niedrig: so bringt ein Weibchen nur alle vier bis acht Jahre ein Jungtier zur Welt. Die Jungtiere bleiben mindestens die ersten fünf Jahre von ihren Müttern abhängig, um all das zu lernen, was sie in ihrem etwa 45 jährigem Leben im Dschungel wissen müssen. Das bedeutet, dass die Population generell sehr langsam wächst und sich nach wiederholter Wilderei kaum erholen kann.

In Indonesien gilt es als Statussymbol für die Oberschicht, sich einen Orang Utan als Haustier zu halten. Bevorzugt sind das Jungtiere. Diese leben dann jahrelang, unter wenig artgerechten Bedingungen, oft in Ketten gelegt, in den Hinterhöfen der Reichen.

Die Frankfurter Zoologische Gesellschaft (ZGF) rief ein Programm zum Schutz und zur Wiederauswilderung der Orang Utans ins Leben. Die gefangengehaltenen Tiere sollten konfisziert und wieder ausgewildert werden. Diese Arbeit ist heute wichtiger denn je, denn der Wildbestand des Sumatra Orang-Utan ist in den 90er Jahren von geschätzten 12.000 Tieren auf wahrscheinlich 6.000 Tiere zurück gegangen. Die einzige bedeutende Wildpopulation lebt heute im Leuser Ökosystem in den Provinzen Nord-Sumatra und Aceh. Die Zoologische Gesellschaft Frankfurt suchte ein weiteres Gebiet, in dem Auswilderung praktiziert werden konnte. Dabei soll Konkurrenz zwischen der rezenten Wildpopulation und ausgewilderten Tieren vermieden werden. Außerdem wollte man einen Kontakt von Wildtieren und Tieren, die in Menschobhut aufgewachsen waren, ausschließen. Denn Menschenaffen sind extrem empfänglich für Humankrankheiten, wodurch die ausgewilderten Tiere Krankheiten in die Wildpopulation einschleppen können. Man fand ein geeignetes Gebiet in Sumatra; im Bukit Tigahpulhu Nationalpark. Der Park hat eine Fläche von 127.000 Hektar, ca. 30.000 Hektar davon sind Primärwald. Vorstudien ergaben, dass die Nahrungsgrundlage (Anzahl der Fruchtbäume) vergleichbar war mit dem Leuser Park. Somit konnte man davon ausgehen, einen geeigneten Lebensraum für die Orang Utans gefunden zu haben; ernähren sie sich doch zu 60 Prozent von Früchten. Die Tiere sind daher auf ein ausreichendes Angebot verschiedener Nahrungsbäume mit versetzter Fruchtreife, angewiesen.

Die Auswilderung der Affen erfolgt in mehreren Schritten. Meist werden die Tiere von den Naturschutzbehörden beschlagnahmt. Manche Tierhalter übergeben die Orang Utans auch an Tiergärten, wenn Ihnen die Tierhaltung zu beschwerlich oder kompliziert wird.

Nach der Konfiszierung kommen die Tiere in eine medizinische Quarantäne. So wird sichergestellt, dass sie weder Tuberkulose noch Hepatitis haben, die später zu einer Gefährdung der anderen ausgewilderten Orangs führen könnte. Erweisen sich die Tiere nach einem Monat als befundfrei, werden sie in Gruppen von fünf bis etwa zehn Tieren zusammengestellt, die später gemeinsam ausgewildert werden sollen.

Nach der Quarantäne schließlich kommen die Orangs in die Auswilderungsstation in Tigapuluh, wo sie an das Leben im Regenwald gewöhnt werden.

Meist arbeiten zehn bis zwölf Arbeiter auf der Station inmitten des Dschungels.
Sechs Autostunden von der nächsten größeren Stadt entfernt, leben Angestellter und Affe sehr isoliert. Auf jeglichen Luxus wird verzichtet. Neben einem Küchenhaus gibt es einfache Holzhütten für die Mitarbeiter, ein Behandlungshaus für verletzte Orang Utans, ein Vorratshaus und zwei Käfiganlagen. Die meisten Angestellten sind keine studierten Biologen, sondern Einheimische, die eine gute Kenntnis der Umgebung haben und den Dschungel kennen.

Koordiniert von Dr. Peter Pratje, dem Projektleiter der ZGF , trainieren Studenten und Tierpfleger mit den jungen Affen, verfolgen ihre Fortschritte im Wald durch Protokollführung, kümmern sich um Öffentlichkeitsarbeit und werten die Daten der Feldarbeit aus. Ein normaler Arbeitstag beginnt in den noch dunklen Morgenstunden. Wie in Indonesien üblich gibt es auch zum Frühstück Reis mit frittiertem Fleisch und Gemüse, dazu heißen Kaffe mit dickflüssiger Kondensmilch, stark gesüßt. Um fünf Uhr wird gegessen, gegen halb sechs müssen die Protokollanten im Wald, bei ihren Schützlingen, sein. Denn dann wachen sie langsam auf und verlassen ihr Nest. Das Protokoll beginnt. Bis zum Abend, wenn die Tiere ihr Nachtnest bauen, verfolgen die Mitarbeiter der Station jede Bewegung der unerfahrenen Affen.

Tiere, die noch nicht alleine klarkommen, werden in der nahen Umgebung der Station trainiert: sie werden auf das Leben im Wald vorbereitet: welche Früchte kann ich essen, welche Rinden, wo und wie baue ich ein Schlafnest, welche Baumstämme und Äste tragen mein Gewicht? Wie hangele ich mich von einem Baum zum andern? Und da kleine Orang Utans nicht weniger neugierig als Menschenkinder sind und ihr Lernen auf Nachahmung basiert, täuscht der menschliche Trainer dann unendlichen Genuss beim Auflecken und Aussaugen von Termiten aus Baumrinden vor.
Mona ist eine von den kleinen Orang Utans. Sie muss noch viel lernen. Im Moment fühlt sie sich noch in ihrem Käfig wohler und sicherer. Und vor allem: Mona ist faul und im Käfig werden ihr die Früchte gebracht. Im Freien ist das nicht so. Dort gibt es nicht jeden Tag frische, süße Ananas, Bananen oder Gurken.

Neben den erwähnten Termiten steht da beispielsweise Rottan auf dem Speiseplan. Diese kletternde Palme ist stark mit Dornen besetzt. Doch ihr Mark ist besonders nahrhaft. Und so muss Mona lernen, mit ihren Zähnen den genießbaren Teil von den Dornen zu befreien. Davon ist Mona nicht begeistert. Und auch statt zu Klettern, spielt sie lieber mit ihren Trainern oder den anderen kleinen Affen der nachmittäglichen Kinderübungsstunde im Wald. Da werden Purzelbäume auf dem Boden geschlagen und sich gegenseitig gefoppt. Soll Mona wieder Klettern, klammert sie sich am Bein des Trainers fest und setzt einen mitleidserregenden Blick auf; „Ich mag nicht mehr“, will sie wohl sagen. Wird sie dann noch in einen Baum gehoben und zum Klettern animiert, presst sie beide Arme fest an den Körper, - so wird das mit dem Klettern nichts. Das muss dann auch der Trainer einsehen. Mona kann sich durchsetzen und hat einen starken Willen. Dieser soll ihr auch später in Freiheit den nötigen Biss zum Überleben geben.

Lernen ist anstrengend und so läuft Mona in die Arme des Mitarbeiters. Sie will zurück in ihren Käfig. Ein paar Stunden Anstrengung im Wald reichen ihr. Dewi und Robin sind da schon etwas weiter. Die zwei- und dreijährigen Jungaffen hatten sich noch nicht so sehr an den Menschen gewöhnt und konnten sich noch an das Waldleben erinnern. Zu zweit streunen sie nun durch das Geäst, rund um die Station. Ein kundiger Einheimischer verfolgt sie den ganzen Tag über und hält fest, was die Beiden tun, was sie lernen und wie sie am Abend ihr Nest bauen.

Auch Mona wird eines Tages frei im Wald leben. Aber die Zutraulichkeit zum Menschen wird ihr erhalten bleiben. Bleibt nur zu hoffen, das sie nicht so schnell einem Wilderer geradezu in die Arme rennt.

Neben dem individuellen Schutz illegal gehaltener Sumatra Orang Utans, ist der Aufbau neuer überlebensfähiger Orang Utan Populationen– sozusagen als Rettungsboote – Hauptziel des ZGF Projektes. Eine neue Population zu etablieren und zu „Pflegen“ ist jedoch nur sinnvoll, wenn es gelingt, den neuen Lebensraum, den Bukit Tigapuluh Nationalpark, nachhaltig zu sichern. Bukit Tigapuluh ist eines der letzten Tieflandregenwald-Gebiete Sumatras mit einer außerordentlich reichen Tier- und Pflanzenwelt, wie etwa Elefanten und Sumatra-Tigern. Daher ist das Augenmerk des Projektes auch auf den Schutz und die Entwicklung des Nationalparks gerichtet. Denn dieser ist der Schlüssel zum Erfolg.

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Text und Fotos: Sabine Wiegand
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