Yartsa Gunbu - der Wunderwurm

Yartsa Gunbu - der Wunderwurm

Systematik:
Klasse: Sordariomycetes
Unterklasee: Hypocreomycetidae
Ordnung: Hypocreales
Familie: Clavicipitaceae
Gattung: Cordyceps
Art: Chinesischer Raupenpilz
Wissenschaftlicher Name: Cordyceps sinensis

Es ist einsam hier oben auf 4500 Metern. In einiger Entfernung grasen Yaks, die letzten Sonnenstrahlen des Tages tauchen die Wiesen in ein sattes Grün, bevor sie hinter den umgebenden Bergriesen verschwinden. Wir befinden uns im Dolpo, ein abgeschiedenes Gebiet in Nepal. Hierher, ins entlegene nepalesische Gebiet Dolpo gelangt nur, wer den Weg über drei 5000der Pässe hinweg in Kauf nimmt. Die wenigen Menschen, die hier leben, betreiben Landwirtschaft und leben sehr einfach und traditionell.

Doch plötzlich ist am Fuße eines gewaltigen Felsmassives eine recht große Ansammlung von Zelten zu sehen; eine richtige Zeltstadt. Überall steigt Rauch der wärmenden Lagerfeuer auf. In der aufziehenden Dämmerung sehe ich Frauen und Männer mit kleinen Harken unter dem Arm auf die Zelte zugehen. Kinder springen herum.

Wurmsucher sind es, die hier - am Ende der Welt – lagern. Jedes Jahr von April bis Juli füllt sich das Gebiet Dolpo – ein Grenzgebiet zu Tibet - mit Menschen. Sie suchen dem Yartsa Gunbu – eine Art Wurm, der große Kräfte haben soll:

Im Dunklen des Erdreiches im abgelegenen Dolpo kriecht eine Raupe, bekannt als der Wurzelbohrer (Gattung Thitarodes). Sie ist befallen von Pilzsporen. Die Raupe wächst und der Pilz ernährt sich vom Gewebe der Raupe – die Sporen entwickeln sich zu einem vernetzten Mycelium – und füllt bald die ganz Raupe aus, tötet diese und wächst durch den abgestorbenen Kopf der Raupe ins Freie. Keulenartige Fortsätze sind nun erkennbar. Diese bilden später erneut Sporen und befallen eine andere Raupe. Der Kreislauf beginnt von vorne. Der dunkelbraune Pilz ragt nun aus dem Erdreich auf und ist nur für geübte und scharfe Augen auffindbar. Der Pilz wird dann samt der 5-10cm langen Raupe ausgegraben.

Yartsa Gunbu, was so viel bedeutet wie Sommergras-Winterwurm, ist über das gesamte tibetisch und angrenzend nepalesische Hochland, in Höhenlagen von 3000- 5000 Metern, verbreitet. Der Pilz Cordyceps sinensis gehört zur Familie der Clavicipitaceae oder Mutterkornpilze.

Erstmals erwähnt wurde der Wunderwurm in der Tibetischen Traditionellen Medizin im 15. Jahrhundert - als Tonikum, das die Lebenskraft fördert. Seither gilt Cordyceps sinensis als wertvolles Heilmittel. Es soll unterstützend auf Niere, Leber und Lunge wirken, Entzündungen bekämpfen, die Ausdauer fördern und das Immunsystem stärken, außerdem bei Atembeschwerden, Asthma, Anämie, Depressionen, Knie- und Rückenbeschwerden, Herzrhythmusstörungen und Stress helfen. Als Aphrodisiakum wird Cordyceps sinensis auch geschätzt; interessanterweise von Männern und Frauen.
1993 gewannen chinesische Läuferinnen bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften sechs Medaillen und erzielten dann bei den nationalen Meisterschaften Weltrekorde. Ihr Trainer führte das auch auf die regelmäßiger Einnahme des Tibetischen Raupenkeulenpilz zurück.

Die Menschen im Himalaya allerdings vertrauen schon von alters her der heilsamen Wirkung des Raupenkeulenpilzes. Doch das ist nicht der Grund für die Massenaufläufe in Tibet und Nepal; Grund ist das Geld, das mittlerweile mit dem gefragten Pilz verdient werden kann. Denn vor allem die chinesische Verbraucher schätzen den Pilz als Tonikum und seit neuestem auch, durch seinem enormen Wert, als Statussymbol.
Und so ziehen im Frühjahr Heerscharen von Nepalesen und Tibetern, Männer, Frauen und Kinder, auf die Hochweiden, um Bu, wie die Tibeter kurz für Yartsa Gunbu sagen, was Raupe oder Wurm bedeutet, zu sammeln.

Den Sammlern folgen improvisierte Läden in Zelten, die Fertignudeln, Kekse, Bier und Batterien verkaufen. Oft werden auch Billardtische heraufgefahren, die unter freiem Himmel stehen und für Unterhaltung sorgen.

Die Suche nach dem Pilz kommt der Suche nach der Nadel im Heuhaufen gleich. Ganze Familien campen wochenlang in den Weiten des Hochlandes. Pro Tag findet ein Sammler im Durchschnitt etwa 5-15 Exemplare, aber er kann auch mal nichts finden oder deutlich mehr. Ein Bu kann vor Ort für 5-20 ¥(0.5-2€) verkauft werden, was speziell von der Größe, aber auch von der Farbe und der Festigkeit des Wurmes abhängig ist. Der typische Tageslohn für ungelernte Arbeiter beträgt zum Vergleich derzeit in Tibet 15-25 ¥.

Vielerorts gibt es spezielle Schulferien, denn Kinder haben beim Suchen den Vorteil, dass sie gute Augen haben und näher am Boden sind. Kurzum, es scheint, als ob das ganze Land genauso von Cordyceps befallen ist wie die Raupe selber.  

Das Pilzeinkommen ermöglicht den Nomaden und Bauern, die häufig noch traditionelle Subsistenzwirtschaft betreiben, einen Arzt oder Krankenhausbesuche, Schulbücher, Gebühren und Steuern zu bezahlen. Zudem werden Konsumgüter erschwinglich, deren Besitz zuvor unvorstellbar waren waren.

Für auswärtige Sammler erheben die lokalen Präfekturen Gebühren bis zu umgerechnet 500 Euro. Schließlich handelt es sich um ein profitables Geschäft. Cordyceps sinensis kostet in Apotheken in China je nach Qualität pro Kilo umgerechnet zwischen 8000 und 25 000 Euro.

Die Apotheker von Sichuan Derentang haben ausführlich beschrieben, wie Cordyceps sinensis aussieht: tiefgelb bis gelbbraun die mumifizierte Larve, wie ein welker Zweig das Stroma. Wie er riecht: ein wenig fischig. Und schmeckt: anfangs nach jungen Sojabohnen; je länger man kaut, umso intensiver wird das Aroma, das am Ende an süßes Hühnchen erinnert.

Das ist hilfreich, weil die Nachfrage das Angebot übersteigt und in China mannigfaltige Fälschungen auf dem Markt sind. Sie bestehen häufig aus Mehl, Schlamm und Holzasche. Echter Cordyceps sinensis gelangt nur selten in den Westen. Dort sind zwar auch Produkte dieses Namens erhältlich, doch basieren sie auf gezüchtetem Myzelium, das nicht auf einer Raupe, sondern auf Getreidekörnern, Reis oder Nährflüssigkeit gedeiht und keinen Fruchtkörper entwickelt. Kritiker monieren, dass diese Myzelien zu schnell wachsen und ihre segensreichen Inhaltsstoffe gar nicht entwickeln könnten. Das getrocknete, verarbeitete Produkt bestünde fast ausschließlich aus der Nährsubstanz.

Zurück zur tibetischen Hochweide. Es ist April, und das Myzelium unseres Cordyceps sinensis hat die Raupe bis wenige Zentimeter unter die Grasnarbe dirigiert; nicht von Cordyceps befallene Raupen überwintern viel tiefer. Dort wird sie nun verenden, damit die bald austreibenden Fruchtkörper ans Licht gelangen, perfekt getarnt im frischen Gras.
"Es ist wie mit der Stecknadel im Heuhaufen", sagen wir und suchen den Pilz vergeblich – dabei hatten uns die einheimischen Sammler hätten direkt neben einen Fruchtkörper gestellt. Probieren dürfen wir dann aber trotzdem: irgendwie erinnert der Geschmack uns tatsächlich an Hühnchenfleisch und gesünder fühlen wir uns nun auch.

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Text und Fotos: Sabine Wiegand
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