Interview mit Professor Niko Paech

„Der meiste Abfall ist nicht das Resultat physischen, sondern kulturellen Verschleißes...“
„Der meiste Abfall ist nicht das Resultat physischen, sondern kulturellen Verschleißes...“

Interview mit dem Prof. Paech über die Postwachstumökonomie und das vermeintliche Allheilmittel Wachstum

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Niko Paech befürchtet, dass die Landschaftsverspargelung im Norden der Republik weiter geht - "dank" der vielen Windräder.

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Der Professor der Universität Oldenburg prangert die Wegwerfmentalität in der heutigen Zeit an.


Zu den wissenschaftlichen Forschungsgebieten von Niko Paech zählen u.a. Klimaschutz, Konsumforschung, Umweltökonomik, Nachhaltigkeitsforschung und Produktionsmanagement. Der Wissenschaftler hält nicht viel von ungebremstem Wirtschaftswachstum und hemmungslosem Konsum. Im Interview spricht der überzeugte Vegetarier u.a. über sein Konzept der Postwachstumsökonomie, das auch lokale Selbstversorgung vorsieht.

Als außerplanmäßiger Professor an der Universität Oldenburg für Produktion und Umwelt lernen Ihre Studentinnen und Studenten Begriffe wie Wertschöpfungskette, Produktionsmittel oder Prozessoptimierung kennen. Bringen Sie dem Nachwuchs lieber das Ökonomische oder das Ökologische Prinzip näher?

Niko Paech: Das sind keine Alternativen, sondern Kategorien, die sich aufeinander beziehen. Ohne tiefes Verständnis von Ökonomie können wir weder die ökologischen Pathologien unserer Lebensweise noch etwaige Problemlösungen erkennen. Natürlich besteht mein Brot-und-Butter- Geschäft zunächst darin, solides Produktions- und Supply-Chain-Management zu vermitteln. Das schließt aber nicht aus, die darin enthaltenen Konzepte auch aus einer ökologischen Perspektive zu betrachten, sodaß Studierende befähigt werden, moderne Wertschöpfung kritisch zu reflektieren.

Wachstum, Wachstum, Wachstum – so lautet die vermeintliche Erfolgsformel des westlichen Wirtschaftssystems. Doch damit die Wirtschaft weiter wachsen kann, müssen Ressourcen vorhanden sein. Die Anzahl an verfügbaren Rohstoffen ist allerdings begrenzt. Trotzdem werden vielerorts Umweltschäden in Kauf genommen, um die Wirtschaftsmaschinerie weiterhin am Laufen zu halten. Welche Vorstellung haben Sie von einer nachhaltigen Wirtschaft?

Niko Paech: Die von mir in die Diskussion eingebrachte Postwachstumsökonomie ist der bescheidene Versuch, diese Frage zu beantworten. Es geht u.a. darum, Formen einer kreativen Reduktion als Gestaltungsprinzip zu rehabilitieren. Anspruchsrücknahmen werden zuweilen als rückständig und folglich unangemessen diskreditiert. Reduktionsleistungen sozial verträglich zu organisieren, zählt zu den Herausforderungen, vor denen wir stehen – nicht nur in Griechenland. Den Ausgangspunkt meiner Überlegungen bildet die Frage: Wie viel an materieller Ausstattung darf sich ein einzelnes Individuum noch nehmen, ohne an verantwortungsloser Plünderung beteiligt zu sein?

Nicht alles, was produziert wird, kann auch verkauft werden – ein Produktionsüberschuss wird in der Industrie daher häufig einkalkuliert. Manche Produkte wie z.B. Tintenstrahldrucker werden sogar so hergestellt, dass sie nach einer bestimmten Nutzungsdauer kaputt gehen müssen, um neue Kaufreize zu setzen. Eine Reparatur ist oft teurer als eine Neuanschaffung – als Folge wächst der Industriemüll in unserer „Wegwerfgesellschaft“ weiter an. Sieht so eine nachhaltige Produktion von Wirtschaftsgütern aus?

Niko Paech: Geplante Obsoleszenz zählt wohl zu den perversesten Ausprägungen eines auf Wachstum beruhenden Wohlstandsmodells. Zukünftig benötigen wir Produkte, die erstens per se physisch langlebig, zweitens leicht reparabel sind und drittens ein ästhetisch zeitloses Design aufweisen. Der zweite Aspekt zielt darauf, Konsumenten zu befähigen, Dinge des täglichen Lebens selbst instand zu halten und zu reparieren. Und der letztgenannte Aspekt verhindert den Anreiz, Dinge vor Ende ihrer physischen Lebensdauer auszurangieren, weil sie im Vergleich zu neueren Varianten einfach nicht mehr modern bzw. kulturell kompatibel genug sind. Genau dieser Zusammenhang wird oft unterschlagen, wenn von geplanter Obsoleszenz die Rede ist: der meiste Abfall ist nicht das Resultat physischen, sondern kulturellen Verschleißes. Besonderes Kopfzerbrechen sollte uns die unfaßbare Einwegverpackungsflut im Getränkebereich bereiten – ein Thema, über das niemand sprechen will, weil alle darin verstrickt sind. Die Einweg-PETMineralwasserflasche, der Coffee-to-go-Becher mit Plastikdeckel etc. sind ein wunderbarer Gradmesser für die grassierende Verantwortungslosigkeit unserer Konsumkultur.

Sie sind ein Verfechter der Postwachstumsökonomie. Diese beschreiben Sie ausführlich in Ihrem Buch „Befreiung vom Überfluss: Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie“. Darüber hinaus halten Sie im gesamten Bundesgebiet auch Vorträge zu diesem Thema. Können Sie in 2-4 Sätzen sagen, worum es bei der Postwachstumsökonomie geht?

(..) Interview an dieser Stelle gekürzt. Komplette Version lieferbar.

Die Werbeindustrie weckt beim Menschen pausenlos die Lust auf Konsum. Manche Menschen definieren sich über Statussymbole und zeigen gern, was sie haben. Sie dagegen propagieren den Tauschgedanken. Wie kann sich der Mensch vom Besitzdenken und Konsumwahn lösen und wie sehen die positiven Effekte einer Tauschwirtschaft aus?

Niko Paech: Sich vom Besitzdenken zu lösen ist nicht das Hauptproblem, sondern vielmehr die Frage nach dem verantwortbaren quantitativen Maß. Auch in einer Welt der Gemeingüter sind Plünderung und Maßlosigkeit möglich, zuweilen sogar noch ungehemmter. Praktiken einer bescheideneren Versorgung sind entweder das Resultat von Übung, sozialen Prozessen sowie gelebten Vorbildern, die damit zu Kommunikationsinstrumenten werden oder sie ergeben sich als alternativloses Reaktionsmuster im Zuge eines ökonomischen Kollapses. Natürlich ist eine Kombination beider Szenarien die wahrscheinlichste aller Prognosen.

Ob facebook, iphone oder youtube – den Verlockungen der elektronischen Unterhaltungsindustrie unterliegen vor allem junge Menschen. In einem Interview mit dem Tagesspiegel haben Sie erwähnt, daß Sie weder ein Handy noch einen Fernseher benutzen und Vegetarier sind. Ist das ein bewußter Verzicht bzw. was stört Sie aktuell am Konsumverhalten?

Niko Paech: Verzicht? Ich befreie mich von Dingen, die meine Zeit rauben, mich abhängig machen und die ich obendrein schlicht nicht verantworten kann. Drei Gründe sind doch wohl genug, oder?

In Ihren wissenschaftlichen Untersuchungen gehen Sie auch der Frage nach, welche Auswirkungen von einem gesteigerten Einkommen für das individuelle Wohlbefinden ausgehen. Zu welchem Ergebnis sind Sie dabei gekommen?

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Die Globalisierung sorgt für einen harten Branchenwettbewerb und schürt diffuse Ängste – sowohl in Politik, Wirtschaft als auch in der Gesellschaft. Politiker sind scheinbar im Dauereinsatz, um die Finanzmärkte zu „beruhigen“. Amerika spürt die Wirtschaftsstärke Chinas, während parallel die Kreditwürdigkeit einzelner Staaten vom „Wohlwollen“ der US-Rating-Agenturen abhängt. Die deutsche Exportwirtschaft fürchtet sich vor der Billigkonkurrenz aus Schwellenländern und den Bürger quält die Angst, mit der Technik und auf dem schnelllebigen Arbeitsmarkt nicht Schritt halten zu können. Macht Ihnen die Globalisierung auch Angst?

Niko Paech: Die Globalisierung im Zusammenhang mit Gütertransporten und individueller Mobilität ist und bleibt die wichtigste Quelle für Nachhaltigkeitsdefizite. Viele Protagonisten der Nachhaltigkeitsszene, insbesondere im Bereich sozialer Bewegungen, sind selbst derart verstrickt in interkontinentale Daseinsformen, daß sie versuchen, eine „gerechte“ oder „gute“ Globalisierung zu propagieren. Als Todschlagargument wird dann zumeist ins Feld geführt, daß wir ohne Globalisierung keine Nachhaltigkeitskommunikation praktizieren könnten oder die Weltoffenheit darunter leiden könnte, wenn man/frau nicht auf individueller Ebenen Kontakte nach Übersee unterhält. Ohne De-Globalisierung und Tendenz zur Seßhaftigkeit ist jedes Reden über Nachhaltigkeit – insbesondere Klimaschutz – reine Zeitverschwendung.

Als nachhaltige Alternative zum globalen Markt nennen Sie u.a. die Regionalökonomie. Wie sieht das Zusammenspiel der lokalen Akteure im Idealfall aus und was kann ich als Einzelner tun, um mich lokal sinnvoll einzubringen?

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Noch einmal zurück zum Thema Wachstum. In Ihren wissenschaftlichen Aufzeichnungen ist oft von strukturellen und kulturellen Wachstumstreibern die Rede. Können Sie da einige Beispiele nennen?

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Nicht nur im Neckartal in der Maschinenbauregion Stuttgart, sondern in benachbarten Regionen wie Kocher, Jagst, Rems oder Rot hat sich an kleineren Flüssen wie Kocher und Rems inzwischen Industrie angesiedelt. Einerseits entstehen dadurch neue Arbeitsplätze, aber andererseits wird so nicht nur die schwäbisch-fränkische Fachwerkromantik, sondern auch das ursprüngliche Landschaftsbild immer mehr verdrängt. Sie lehren an der Universität Oldenburg hoch oben im Norden. Gibt es bei Ihnen vor der Haustür auch einige Beispiele dafür, daß sich die Landschaft durch die Industrie verändert hat?

Niko Paech: Allerdings. Oldenburg wird scheibchenweise durch immer mehr Einkaufszentren in eine Konsumzone verwandelt. Der neue Tiefseehafen „Jade-Weser-Port“, immer mehr Wohn- und Gewerbegebiete und sogar eine hoffentlich noch zu verhindernde Küstenautobahn sind nur einige der Beispiele. Besonders eklatant ist die industrielle Landwirtschaft. Alles, was von diesen Exzessen der Zerstörung ausgelassen wurde, erhält durch die Energiewende den Gnadenstoß. Nicht nur die Vermaisung, sondern die Aufhebung eines Landschaftsschutzgebietes, um dort Windkraftanlagen aufzubauen, sind die nächste, aber leider noch nicht letzte Stufe eines Prozeßes, der auf die Abschaffung der Natur bei uns im Norden hinausläuft.

Letzte Frage. 2013 ist das Super-Wahljahr. Soziale Gerechtigkeit, Mindestlohn, Energiewende und Frauenquote sind einige der Themen, die von den großen Parteien im Wahlkampf besetzt werden. Fehlen Ihnen da persönlich noch einige wichtige Themen?

Niko Paech: Ja, klar: die Überwindung der Konsum- und Wachstumsdiktatur.

Herr Prof. Dr. Paech, wir danken Ihnen für das aufschlußreiche Interview.

Die Fragen stellte Andreas Scholz.


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