Ein Räuber steht vor dem Aus

Der Afrikanische Wildhund paßt offenbar nicht in unsere Zeit
Ein Räuber steht vor dem Aus
Der Afrikanische Wildhund paßt offenbar nicht in unsere Zeit


Es ist kurz nach Sonnenaufgang. In einer vom Morgenlicht rot angehauchten, hochaufstiebenden Staubwolke traben 60 Afrikanischen Wildhunde oder Hyänenhunde, wie sie auch genannt werden, durch das Gras der Serengeti. Nichts deutet darauf hin, daß sie auf der Jagd sind. Scheinbar ziellos bewegen sie sich über die Steppe. Sie verstecken sich nicht, sie pirschen sich nicht an. Doch als der Leithund auf eine Gruppe davonstiebender Gnus zuläuft, rennen sofort alle Rudelmitglieder hinterher und lassen dabei ein aufgeregtes glockenhelles Bellen ertönen. Die Jäger haben es offensichtlich auf ein bestimmtes Tier abgesehen. Der Vorsprung der Antilope wird zuerst eher größer. Doch die Wildhunde wechseln sich geschickt bei der Verfolgung ab. Mehrere Kilometer können sie mit 55 Stundenkilometern daherlaufen. Langsam kommen sie näher. Das Gnu ermüdet nun rasch. Die ersten Hunde erreichen ihre Beute. Sie schnappen mit den scharfen Zähnen nach Beinen und Flanken. Nun sind die anderen Rudelmitglieder da. Sie schlagen ihr Gebiß in die Bauchseiten und reißen das Gnu in wenigen Sekunden in Fetzen. Gierig verschlingen sie das Fleisch. Die faszinierende Jagd der gefleckten Räuber ist zu Ende. Als die ersten Hyänen herangaloppieren und ihren Tribut an der Beute fordern, sind nur noch einige Hautfetzen und Knochen übrig.

Diese Jagdstrategie hat den Hyänenhund zu einem der erfolgreichsten Raubsäuger der afrikanischen Steppe werden lassen. Doch das war einmal. In der Serengeti gibt es schon längst keine Wildhunde mehr. Auch im übrigen Ostafrika, wo sie früher am häufigsten waren, sind sie völlig ausgestorben. Nur in Botswana, Sambia, Simbabwe, Südafrika und im Süden Tansanias kann man sie mit viel Glück noch zu Gesicht bekommen. Rudel von 60 oder mehr Tieren sind allerdings lange passé. Schon Rudel mit 20 Mitgliedern sind heute die Ausnahme, fünf, sechs bis zehn Alttiere pro Rudel die Regel. Dabei steigt mit der Rudelgröße der Jagderfolg und die Chance, Löwen und Hyänen davon abzuhalten, die Jungen zu töten und die Beute zu stehlen. Kleine Gruppen können sich nicht lange halten.

Zuerst töteten weiße Jäger die wegen ihrer brutal anmutenden Jagd- und Tötungsweise als "Geißel der Wildbahn" bezeichneten Hyänenhunde. Dann wurde den nomadisierenden Jägern der Lebensraum genommen. Wenn sie keine Jungen aufziehen, streifen Hyänenhunde über riesige Gebiete - selbst die großen Schutzgebiete Afrikas sind für sie zu klein. Dann haben sie sich bei Haushunden mit tödlichen Krankheiten infiziert, gegen die sie keine Abwehrkräfte entwickelt hatten. Es reicht, wenn sich nur ein Rudelmitglied mit Tollwut oder anderen Seuchen ansteckt; bei diesen hochsozial lebenden Tieren stirbt dann stets das ganze Rudel. Und ganz zum Schluß haben Wissenschaftler vielerorts den letzten Wildhunden durch fehlgeschlagene Impfaktionen und unsinnige Forschungsarbeiten den Garaus gemacht. Jetzt sind sie am Ende. Offenbar ist die genetische Ausrüstung der Wildhunde der afrikanischen Welt von heute nicht mehr gewachsen. Ihr Schicksal scheint besiegelt. Vermutlich gibt es heute schon keine 3000 Exemplare mehr.

Das Okavango-Delta in Nordbotswana ist eines der letzten Refugien für Wildhunde. Auf der Insel “Chief Island” lebt seit Generationen ein relativ großes Rudel. Zur Zeit hat es 26 erwachsene Mitglieder. Eine Dreiviertelstunde vor Sonnenaufgang habe ich meinen Landrover in der Nähe des Wildhundebaus geparkt. Es ist Anfang Juli und Winter im südlichen Afrika. Die Pfützen waren bei der Anfahrt mit einer dünnen Eisschicht bedeckt. Im offenen Geländewagen habe ich mich mit Thermounterwäsche, Handschuhen und Decken notdürftig gegen die Kälte geschützt. Die Aussicht auf die ersten wärmenden Sonnenstrahlen läßt mich die Minusgrade schnell vergessen.

Der Wildhundebau vor mir ist im mannshohen Steppengras verborgen.
Nur der frisch ausgehobene silberweiße Sand verrät, daß sich hier eine Höhle im Boden befindet. Mein Fahrer Ian bedeutet mir, daß die Tiere jeden Augenblick von der Jagd zurückkommen müssen. Nach seiner Auskunft sind Junge im Bau. Ich bin skeptisch; denn es ist kein Ton zu hören. Plötzlich erscheint ein Kopf mit den bekannten großen, runden Ohren am Höhleneingang, dann schiebt sich vorsichtig ein auffallend gelblich gefärbter Wildhund aus der Eingangsröhre. Es ist ein Weibchen mit prall gefülltem Gesäuge. "Das ist die Alpha-Hündin", raunt Ian mir leise zu. Die Fähe späht angestrengt in eine Richtung - und da kommen sie auch schon aus Richtung der aufgehenden Sonne angetrabt. Mit blutbeschmierten Gesichtern erreichen die Rudelmitglieder zu zweit und zu dritt in langen Abständen den Bau. Sie begrüßen das Alpha-Weibchen mit einem Winseln, dann lecken sie gegenseitig ihr Gesicht. Sofort beginnen die Ankömmlinge damit, der Hündin blutige Fleischbrocken vorzuwürgen, die gierig verschlungen werden. Es ist erstaunlich, wieviel Fleisch ein Wildhund auf einmal aufnehmen kann!

Plötzlich beginnt die Alpha-Hündin in hohen Tönen zu jaulen...

(..) Text an dieser Stelle gekürzt

Offenbar geht auch bei Wildhunden im wahrsten Sinne die Liebe durch den Magen. Und manchmal auch durch zwei oder drei Mägen. Zuneigung wird unter anderem durch vorgewürgtes Futter erworben. Dabei passiert es, daß die Nahrungsbrocken mehrfach in einem anderem Magen verschwinden. Man kann nicht sagen, daß sie dabei an Attraktivität verlören - eher das Gegenteil ist der Fall. Offenbar haben derart hochsozial lebende Wesen wie Wildhunde ganz andere Ansichten als Menschen darüber, was appetitlich ist und was nicht! Das Zusammenleben dieser als blutrünstig und grausam verschrieenen Tiere ist erstaunlich friedfertig und durch gegenseitige Hilfeleistung gekennzeichnet. Nur selten will ein Hund einen anderen einschüchtern, meist versucht er ihn durch unterwürfiges Verhalten gefügig zu machen. Es gibt zwar eine deutliche Rangordnung, aber bei derart freundlichem Umgang der Tiere miteinander bereitet es große Schwierigkeiten, herauszufinden, wer höher in der Rudelhierarchie steht. Hilfsbedürftige, also etwa verletzte Tiere und Junge genießen bei der Nahrungsverteilung Vorrang. Gegenüber den Jungtieren besteht sogar eine Beißhemmung. Wer einmal zu kurz gekommen ist, bettelt mit demütigem Verhalten um eine Portion Fleisch. Fast immer ist das Betteln erfolgreich.

(..) Text an dieser Stelle gekürzt

Der Lebensraum der Wildhunde ist in geschichtlicher Zeit stetig zurückgegangen. 3000 v. Ch. lebten sie in gro-ßer Zahl in ganz Afrika bis nach Ägypten, während heute vermutlich schon Südtansania als Verbreitungsnordgrenze angesehen werden muß. Durch Krankheiten und immer geringer werdende Rudelgrößen sterben immer mehr Populationen einfach weg. Offensichtlich ist die Art dem Untergang geweiht. Es ist fraglich, ob Wildhunde mehr als die ersten zehn Jahre des nächsten Jahrhunderts überleben werden. In den letzten Jahren wurden erhebliche Anstrengungen unternommen, um den Hetzjäger mit dem freundlichen Sozialverhalten vorm Aussterben zu bewahren. Die Biologie der Tiere wurde immer besser untersucht. Viele Rudel wurden komplett photographiert, alle Rudelmitglieder wurden individuell identifizierbar. Man startete Impfaktionen. Doch die Hilfe kommt ganz offensichtlich wieder einmal zu spät. Die Bestände nehmen weiter dramatisch ab. Es scheint, als hätte der Afrikanische Wildhund den Kampf ums Überleben heute schon verloren.


Text: Winfried Wisniewski
Fotos: Winfried Wisniewski

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