Fantastische Falter

Schmetterlinge sind im Auftrag der Liebe unterwegs. Ihre Existenz dient nur einem Zweck: Der Fortpflanzung. Um alles andere haben sie sich bereits als Raupe gekümmert. Die nimmersatten Raupen verschlingen das 20fache ihres Körpergewichts bevor sie sich verpuppen. Aber warum verwandeln sich die propperen Raupen ausgerechnet in zarte, zerbrechliche Luftikusse?

Sie tun es, weil Raupen für die Partnersuche völlig ungeeignet sind. Bei der Geschwindigkeit, mit der sich eine Raupe bewegt, würden sich zwei paarungswillige Tiere derselben Art wahrscheinlich erst begegnen, wenn Weihnachten und Ostern an einem Tag zusammenfallen. Etwas mehr Mobilität ist vonnöten. Also verwandeln sich die Raupen kurzerhand in fliegende Juwelen. Ein genialer Einfall der Natur. Mit ihren schillernden Farben sind die Schmetterlinge schon von weiten sichtbar. So wird die Partnersuche zum reinsten Kinderspiel.

Das zweigeteilte Leben der Schmetterlinge ist ein erfolgreiches Konzept. Mit über 160.000 Arten weltweit stellen sie die zweitgrößte Insektengruppe. Nur die Käfer sind zahlreicher. Manche Falter leben nur wenige Tage oder gar Stunden, andere wie der Zitronenfalter oder der Monarch haben eine Lebenserwartung von acht bis neun Monaten. In der Regel übersteigt die Dauer von Raupen- und Puppenstadium das Falterdasein um ein vielfaches.

Vier Wochen beträgt die durchschnittliche Lebensdauer eines Schmetterlings. In dieser Zeit muß es den bunten Gauklern gelingen, sich zu paaren und die Eier abzulegen. Um dieses Ziel zu erreichen ist ihnen jedes Mittel recht. Dabei erweisen sich die zarten Falter manchmal als echte Haudegen. Mit raffinierten Tricks versuchen sie ihren Feinden zu entkommen und der Konkurrenz ein Schnippchen zu schlagen.

Einige tropische Schmetterlinge fressen giftige oder bittere Pflanzen, um schlecht zu schmecken. Viele beginnen damit bereits als Raupe, denn als Falter nehmen sie nur noch wenig oder gar keine Nahrung mehr auf.

Wer nicht unappetitlich schmeckt, versucht genauso auszusehen, wie ein giftiger Falter. Der Eisvogel ähnelt deshalb dem ungenießbaren Monarchen bis auf die Flügelspitze.

Bläulinge sind besonders raffiniert. Bereits als Raupe schließen sie Freundschaft mit Ameisen. Die Ameisen sind ganz verrückt nach einem zuckerhaltigen Sekret, welches die Raupe ausscheidet. Dafür verteidigen sie "ihre" Raupe. Der schwarzgefleckte Bläuling lässt sich sogar in den Ameisenbau tragen. Dort angekommen macht er sich über die Brut der Ameisen her, ohne daßssdiese eingreifen. Anschließend verpuppt er sich und verlässt als Schmetterling den Bau. Auch untereinander sind Schmetterlinge nicht gerade zimperlich. Männlichen Falter verjagen sich häufig gegenseitig von begehrten Plätzen. Einige beanspruchen sogar regelrechte Reviere.

Schmetterlinge mit längerer Lebenserwartung vollbringen zum Teil unglaubliche Kraftakte. Der Zitronenfalter überwintert völlig ungeschützt vor Frost und Kälte frei an einem Ast hängend. Er hat eine Art Frostschutzmittel im Blut, das ihn vor dem Kältetod bewahrt. Sobald es im März oder April wärmer wird erwacht er aus seiner Winterstarre und kündigt uns als erster vom nahenden Frühling. Sobald die ersten vorfrühlingshaft warmen Tage kommen, erwachen die Zitronenfalter aus ihrer Winterstarre. Sie sind die ersten Frühlingsboten, die wir im Winter zu sehen bekommen. Kurze Zeit darauf folgt der Kleine Fuchs und das Tagpfauenauge. Diese beiden Falter haben in Mauerritzen unter Rinde oder auf Dachböden überwintert. Als Nahrungsreserve produzieren sie Glycerin, das zugleich wie ein Frostschutzmittel gegen die Kälte wirkt.

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Text: Michael Krabs
Fotos: Zoonar