Sprechende Hauswände

Sprechende Hauswände
Die bunte Welt der Graffiti

Sie zieren Hauswände, öffentliche Verkehrsmittel und Fassaden von Geschäftsgebäuden. Sie sind grell, bunt, provokant und enthalten oft politische Botschaften. Bei der Jugend sind Graffitis schon längst salonfähig. Die moderne „Wandmalerei“ ist aus dem urbanen Straßenbild nicht mehr wegzudenken. Bei Bus- und Bahnbetrieben gelten Graffiti als lästiges Dauerproblem. Ein kleiner Streifzug durch die bunte Welt der Graffiti.

Noch ein letzter sanfter Druck auf die Spraydose – fertig! Ein neues Graffiti leuchtet ab sofort jedem Passanten in der Bahnunterführung von den Wänden entgegen. Viel Zeit bleibt dem Sprayer allerdings nicht, sein eben vollendetes Farben-Werk zu bewundern. Es gilt unverzüglich alle Spuren am „Tatort“ zu beseitigen. Rasch die verräterischen Spraydosen und Farbeimer unauffällig verschwinden lassen und den Schutz der Dunkelheit suchen. Erst wenn die verräterischen und geruchsintensiven Farben an Händen und Kleidung entfernt sind, kann der Sprayer in frischer Zivilkleidung zum kreativen „Tatort“ zurückkehren – und dort sein Werk in aller Ruhe bewundern. Doch nicht jeder freut sich über kunstvoll verzierte Graffiti. Speziell kommunale Verkehrsbetriebe und Fremdenverkehrsämter bezeichnen Graffiti als „illegale Schmierereien von Schmutzfinken“, die „bestraft werden müssen“.

Orwell lässt grüßen
Vor allem die Deutsche Bahn will mit Hilfe von modernen Überwachungstechniken zukünftig noch effektiver „Jagd“ auf Graffiti-Sprayer machen. Auf zirka siebeneinhalb Millionen Euro beziffert sich der Schaden, welcher der Bahn im Jahr 2012 angeblich durch Graffiti entstanden sein soll. Mit Drohnen-Fluggeräten will die Bahn zukünftig ihre Bahnhofsgelände noch besser überwachen, um zu verhindern, dass S-Bahnen oder Güterzüge beschmiert werden.

Während die Maßnahmen der Bahn zur Vorbeugung und Aufklärung von Sachbeschädigungen durch Graffiti-Sprühereien fast schon orwellsche Züge annehmen, schöpft auch so mancher Mieter beim Thema Graffiti sein Mietrecht voll aus, um eine Mietminderung zu erzielen. Mut machen diesebezüglich einige Gerichtsurteile in den vergangenen Jahren. So können Graffiti an der Hauswand eine Mietminderung aufgrund von Wertverlust der Immobilie nach sich ziehen.

Dorn im Auge für lokale Tourismus-Ämter
Städtische Fremdenverkehrsämter fürchten sich ebenfalls vor einem Image- und Wertverlust von kulturhistorischen Bausubstanzen, wenn Graffiti ins Spiel kommen. Die Stadt Schwäbisch Hall hat in den vergangenen Jahren sogar zeitweise in der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit einen Graffitientferner gesucht, um den historischen Ortskern von Graffitis zu säubern. Vermutlich einen rechtsradikalen Hintergrund hatten die aufgesprühten Hakenkreuze auf dem jüdischen Friedhof im Haller Teilort Steinbach. Auch in größeren Städten wie Berlin ärgern sich lokale Fremdenverkehrsämter und Rathäuser über die zahlreichen Graffiti in historischen Stadtteilen – trotz Ausnahmen wie der publikumswirksamen Graffiti an der Restmauer.

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Kulturgut und Zeitdokument der Moderne
Der Sprayer-Szene eilt in Teilen der Öffentlichkeit ein schlechter Ruf voraus.

Bei der Jugend sind Graffitis jedoch sehr beliebt. In ihren Augen würden die bunten Inschriften viele graue Wände in tristen Innenstädten und Industrievororten verschönern – Graffiti gehören daher wie selbstverständlich zum „Urban Street Life“ größerer Metropolen dazu. Seit den 1970er Jahren spiegeln Graffitis den jeweiligen Zeitgeist der Jugend wider – mal romantisch, mal frivol, mal rebellisch, oft auch politisch. Ob ein simples „Peace-Symbol oder ein kalligraphisierter Namenszug der Herzensdame in anspruchsvoller Ausführung – die Ästhetik der aufgesprühten Inschrift liegt bekanntermaßen stets im Auge des Betrachters.

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Graffiti als Politikum
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Text und Fotos: Andreas Scholz
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Bildunterschriften:

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Bildunterschrift: leere Sprühdosen vor einer Graffitiwand

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Bildunterschrift: Bahn-, Straflen und Busunterführungen sind oft

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